Freitag, 30. Januar 2009

Mala Noche/Rocco und seine Brüder/Duell

Zwischen einem neuen amerikanischen, wilden und jungen Independent-Kino und dem sexuellen Selbstfindungstrip eines Adoleszenten brachte Gus Van Sant in seinem Debutfilm Mala Noche eine Jarmusch-alike schwarz-weiße Grobpixelei auf die Leinwand. Sein zielloses Road-Movie treibt in seiner Nonchalance vor sich hin und besteht auf seine Atmosphäre, die den jugendlichen Zeitgeist ausatmen soll. Die Arithmetik des gesellschaftlichen Verlorenseins durch extravagant kontrastierte Bildwelten ist eine einfache Rechnung, und wurde bereits Jahre vorher, zugleich markanter von Jim Jarmusch inszeniert. Van Sant fügt dem nichts Neues hinzu, sondern bestätigt nur die Klischees eines sich nach dem Zusammenbrechen des New Hollywood neu findenden US-Underground-Kinos.

Luchino Viscontis Neorealismus-Klassiker Rocco e i suoi fratelli bietet eine beinahe 3-stündige Tour de Force durch ein Familienkaleidoskop. Der sich zunächst auf die alltäglichen Lebensbedingungen im Nachkriegs-Italien fokussierende Film fängt eine unbeschwerte Zeitreise in eine Welt voller familiärer Nächstenliebe und engem Zusammenrücken ein, ganz wie man es vom Meister der Epoche Vittorio De Sica gewöhnt ist. Bei Visconti sind die Kinder zwar alle schon etwas älter, trotzdem bieten sich schmucke Szenarien eines mit naivem Auge folgenden Realismus. Umso mehr schlägt die zweite Hälfte zu, in welcher eine große Tragödie shakespearschen Ausmaßes durchgespielt wird. Schuld und Sühne, Liebe und Hass, Vergebung und Erlösung, das epische Mammut Rocco und seine Brüder bringt alles zusammen und verschmelzt es im Familienkolloseum.

Steven Spielbergs Debutwerk Duel war ein eigentlich für das Fernsehen abgedrehter, im Nachhinein sogar noch um 15 Minuten aufgemotzter "Eventmovie", wie es das deutsche Privatfernsehen heute nennen würde. Dabei zeigt der Reißer bereits an, was Spielberg so drauf hat. In seinem Flucht-Spektakel, dass plotlinienmäßig mit einem "Truck jagt Mann" schon recht gut umrissen ist, bietet der noch frische Regisseur ein gradliniges Suspense-Szenario, das geradezu körperlich an den Rezipienten geht. Hervorstechend sind die Konnotationen des Duells: Es geht um männliche Potenz, um das "sich beweisen müssen", in diesem Fall in einer Straßenwüste, also praktisch nur vor sich selbst. Unser Protagonist scheint keine gut laufende Beziehung zu haben, soviel bekommen wir mit. Seine Männlichkeit stellt er in hektischer, auch innerlich gehetzter Manier selbst in Frage. Das Paranoiagefühl, ein intelligent bebildertes, dazu die Heimatlosigkeit des unzufriedenen Fahreres - Duell öffnet einige interessante Ebenen. Der David vs Goliath Hahnenkampf endet trotz vermeintlichem Happy End in einer melancholisch-traurigen Stimmung, unser Protagonist sitzt im Morgengrauen am Abhang.

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