Sonntag, 1. Februar 2009

Faster, Pussycat! Kill! Kill!

Russ Meyer, USA 1965
Es kommt nicht bei allzu vielen Regisseuren vor, dass sie ein Werk vorlegen, bei dem sich grob die wesentlichen Spezifika ihres Schaffens direkt in der Storyline eingelagert finden lassen. Russ Meyer - dessen Filmografie immerhin 26 Spielfilme umfasst - schaffte dieses Kunststück 1965 mit seinem heute als Standard-Meyer fungierenden FASTER, PUSSYCAT! KILL! KILL!

3 Stripperinnen begeben sich - angwidert vom männlichen Objekt-Begehren - auf eine kleine Spritztour. Jede von ihnen besitzt ihre eigene Sport-Karosserie, ihr Territorium wird den ganzen Film hindurch die Wüste sein. Nachdem sie einen naiven Jungspund das Genick gebrochen haben und dessen Freundin kidnappen, geraten sie auf eine Farm, auf der sich von nun an die Männer des Hauses - ein alter, dominanter Krüppel, ein strunzdummes Muskelpaket und sein halbwegs vernünftiger Bruder - und die grobschlächtigen Damen in Lauerstellung gegenüber stehen.

Meyers "Ode an die Gewalttätigkeit der Frau" kommt weitaus roher, sexuell subtiler und motivisch brachialer daher als seine anderen Werke aus der Schaffensperiode. Nie hat man so wenig Haut gesehen wie in diesem Meyer, und gleichzeitig war man diesem Voyeurismus auch nie so abgeneigt wie hier. Tura Santana als frühe Amy Winehouse, nur fülliger, zielstrebiger, kontrollierter - Haji als begehrende Osteuropäerin monströsen Schlages - Lori Williams als einzige "female lead", die dann auch das sexuelle Begehren erwachen lässt. Die drei Damen haben die gesamte Potenz für sich gepachtet, ihre Hybridfunktion zwischen Östrogen und konnotierter Männlichkeit (Autos, Posen, Jeans) macht sie unberechenbar und gefährlich.

Ihnen gegenüber gestellt ist einerseits die süße Susan Bernard, deren Rolle sich aufs minderjährige Dummchen beschränkt. Die Raubkatzenfütterung, die man stets erwartet, bleibt zwar aus, die lesbischen Konnotationen allerdings liegen in der Luft. Zum Anderen stehen ihnen die drei Herren der Zunft im Weg. Der verbitterte Rollstuhl-Opa, der nebenbei angeblich auch einiges an Knete im Rücken hat, trauert zum einen seiner bei der Geburt der Dumpfbacke von Sohn verstorbenen Ehefrau hinterher, zudem auch um seine Beine, die er verlor, als er einem jungen Mädchen auf der Flucht zu Hilfe eilte. Sein muskelbepackter, aber hohlschädeliger Sohnemann hingegen dient ihm als Prothese, die symbiotische Hassliebe in dieser dysfunktionalen Vater-Sohn-Beziehung wird dem fiesen Zischen der weiblichen Schlangen entgegen gesetzt.

FASTER, PUSSYCAT! KILL! KILL! ist neben dem höchst ungewöhnlichen, kaum einzuordnenden Storyschema auch ein kleiner Genremix. Als weibliches Road-Movie beginnt der Film, bleibt dann aber auf der Farm stecken. Hier startet dann eine Art Post-Western, in welchem in einem eindrucksvollen Bild vier weibliche Beine der Vater-Sohn-Prothese gegenüber stehen. Mit der Seitengeschichte des gekidnappten Mädchens finden sich gar frühe Anklänge eines Backwood-(besser: Wüsten-)Horrors, in welchem die Hinterwälder und Amazonen das arme Mädchen, welches ausbüchst wieder einfangen müssen.

Am Ende muss sich alles zwischen zwei Beziehungskonstellationen entscheiden. Bekommt die Anführerin Tura Santana den einzig vernünftigen Mann in diesem Film, besser gesagt: Kann sie sich ihn schnappen? Der Film gibt ein klares "Nein!" als Antwort, die drei Damen müssen allesamt sterben (Santana gar im Vampirmotiv, mit Blut an den Mundwinkeln), während der Mann mit dem Blondinchen von dannen zieht. Wir denken an Meyer, den Fetischisten und Voyeur und man wagt nicht einzuschätzen, ob dies ein Abgesang auf eine feministische Utopie sein soll, und wenn ja: Ist das ein Happy End?

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