Susanne Bier, USA 2007
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Plädoyer für die Solidargemeinschaft
| Susanne Biers erste US-Produktion behandelt genau genommen 2 persönliche Traumata - zum Einen den Verlust einer geliebten Person (Halle Berry verliert Ehemann David Duchovny), zum Anderen Drogensucht und das Loskommen von ihr (Benicio del Toro). Die Verwebung der beiden Stoffe gelingt nur bedingt (diegetisch so gelöst, dass del Toro der beste Freund des Ehemanns war), vor allem der motivische Zusammenhang spielt die übergeordnete Rolle.
THINGS WE LOST IN THE FIRE behandelt nämlich im Grunde genommen das Thema der Solidargemeinschaft. Die Familie des Toten übt sich nänlich - in der gemeinsamen Trauer - als Ersatz für (beide Seiten) und Retter des Drogenkranken. Alle kümmern sich nun aufrichtig um del Toros Figur, selbst die Kinder sind so erwachsen, dass sie die Situation intuitiv zu verstehen scheinen. Es gibt keine Reibungspunkte - keine Upper Class-Freunde, die damit ein Problem hätten, keine Schwiegermutter, die sich ekelt vor der sozialen Verantwortung.
Im Gegenteil formuliert der Film gar ein klassischen Gegensatz aus - zwischen dem, der es geschafft hat, erfolgreich ist, die perfekte (im übrigen: schwarz-weiße!) Familie hat, alles wie mit links zu schaffen scheint - und dem, der auf der Strecke blieb, gesellschaftlicher Außenseiter wurde, es versaut hat. Der Clou nun wird hier am deutlichsten: Der Gegensatz wird ausdrücklich dargestellt, hat aber keine negativen Konsequenzen für die Beziehungen. Kein Neid, keine Angewidertheit, keine bösen Worte, keine Reibung - nur Hilfe, Mitgefühl und Familienverband.
Das mag dem Einen oder Anderen vielleicht sogar übel aufstoßen. Weil es ein idealistisches und unrealistisches Bild der Gesellschaft abbildet und damit ziemlich konstruiert wirkt. Wie immer bei Bier hält dafür das "Außerordentliche" der Situation her. Mit "Unfassbarkeiten" kann man sich narrativ so Einiges erlauben, das war bei OPEN HEARTS und BROTHERS nicht anders.
THINGS WE LOST IN THE FIRE funktioniert als tieftrauriges Drama natürlich trotzdem. Bier ist eine zu gute, zu präzise Filmemacherin. Eine, die es wie kaum ein zweiter Realisateur versteht Figuren zu inszenieren und Schauspieler ans Limit ihres Telents zu bringen. Freilich hat sie dieses Mal mit Halle Berry und insbesondere Benicio del Toro auch noch eine ideale Ausgangsbedingung an die Hand bekommen. Dass der Film bei den Oscars keinerlei Erwähnung fand, ist vor allem in Bezug auf del Toros Darstellung merkwürdig und gar respektlos.
Letztlich kann Bier mit ihrem leisen und behutsamen Stil, ihrem einfühlsamen Inszenierungsgeschick im modernen Hollywood-Melodram für Belebung sorgen. Der mangelnde Erfolg indes weist wohl leider darauf hin, dass ihr Besuch nur ein Ausnahmefall war. Bleibt abzuwarten, was Benioff/Sheridan mit BROTHERS, und Zach Braff mit OPEN HEARTS anzustellen vermag.
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