Mittwoch, 7. Mai 2008

Electroma

Thomas Bangalter/Guy-Manuel De Homem-Christo, Fr/USA 2006
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Verlängerter Musikschock & postapokalyptische Clipfragmente

| Thomas Bangalter und Guy-Manuel De Homem-Christo sind Daft Punk, Musiker aus Frankreich, die von den 90ern bis in dieses Jahrhundert hinein einen gewissen Einfluss auf die Musikkultur hatten, mit Michel Gondry Videos drehten und einen eigenen Funk-Elektro.Stil prägten. Mit ELECTROMA legten sie 2006 in Cannes einen Langfilm vor. Wenn man das so nennen kann.

ELECTROMA ist genau genommen eine Collage aus Story- und Musikfragmenten. Man kann den Film fein säuberlich in Abschnitte aufteilen: 2 Roboter fahren aus der Wüste in die Stadt - Sie sehen das Alltagsleben - Sie kommen in ein Labor, dass ihnen menschliche Gummigesichter anfertigt und aufsetzt - Sie kommen aus dem Labor, werden von den Bewohnern beäugt, es schmelzen ihre Masken in der glühenden Sonne, worauf hin die Bewohner sie durch die Straßen jagen - Sie flüchten wieder zurück in die Wüste - Der Eine hilft dem Anderen den Selbsttötungsautomanismus auszulösen, und er explodiert - der Andere wandert weiter - Als er selbst den Automanismus im Moment der Aufgabe nicht betätigen kann, nutzt er die Sonneneinstrahlung, zerbricht seinen Helm und setzt sich mit Hilfe des Glases selbst in Brand - In der letzten Szene geht er brennend 3:20 Minuten lang langsam durchs Bild.

Die Bild- und Musiktableaus sind fein austariert, von Brian Eno über Joseph Haydn bis hin zum Blues-Gitarristen Jackson C. Frank wird Musik aus den verschiedensten Richtungen und Epochen eingesetzt. Die Bilder und die Diegese hingegen schreiten dabei unheimlich langsam voran.

Das persönliche Dilemma, die eigene Depression steht in ELECTROMA einer allgemeinen Zivilisationskritik gegenüber. Die Symbolik ist platt: Eure biedere, uniformierte Welt akzeptiert nichts "Anderes", keine Menschlichkeit, wir sind verdammt zu flüchten, allein zu sein im Nichts. Stilistisch irgendwo zwischen Gus van Sants GERRY und einem emotionalisierenden Musikclip angesiedelt kann der Zuschauer entscheiden, ob ihm dies nun zu plakativ ist, oder er sich fallen lässt in Bilder und Musik.

Zweiteres lohnt sich. Nicht immer, aber in einzelnen Passagen, etwa wenn die beiden Roboter unter Electro- und Bassrauschen in die Spießer-Stadt einfahren oder wenn Linda Perhacs den fantastischen Song "If You Were My Man" singt und man währenddessen über Wüstenlandschaften streift, um am Ende in einer Einstellung aus den Konturen eines Hügels in der Abendsonne eine Vagina entstehen zu lassen in die wir eintauchen. Ganz besonders aber in der grandiosen Endsequenz, in welcher zu Jackson C. Franks "Dialogue" der brennende, aber nicht sterbende Roboter aus den Bildern, und damit aus dem Film gleitet - "I want to be alone" sind die Refrain-Zeilen des Stückes, und ja, dieser Abschluss ist zutiefst berührend in seiner Einfachheit und seinem Minimalismus.

Die Frage bliebe zu klären, on nun ELECTROMA ein "Langfilm", "Spielfilm", "Experimentalfilm", "Musikcollage", oder "verlängerter Videoclip" sein soll/kann/muss. Die Wirkung auf den einzelnen Zuschauer allein lässt diesen entscheiden. Finde es lächerlich, finde es berührend - finde es primitiv, finde dich und deine Philosophie darin wieder. Eines ist ELECTROMA jedoch mit Sicherheit: Eine Homage an die aufgeführten Musiker.

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