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Verlängerter Musikschock & postapokalyptische Clipfragmente

ELECTROMA ist genau genommen eine Collage aus Story- und Musikfragmenten. Man kann den Film fein säuberlich in Abschnitte aufteilen: 2 Roboter fahren aus der Wüste in die Stadt - Sie sehen das Alltagsleben - Sie kommen in ein Labor, dass ihnen menschliche Gummigesichter anfertigt und aufsetzt - Sie kommen aus dem Labor, werden von den Bewohnern beäugt, es schmelzen ihre Masken in der glühenden Sonne, worauf hin die Bewohner sie durch die Straßen jagen - Sie flüchten wieder zurück in die Wüste - Der Eine hilft dem Anderen den Selbsttötungsautomanismus auszulösen, und er explodiert - der Andere wandert weiter - Als er selbst den Automanismus im Moment der Aufgabe nicht betätigen kann, nutzt er die Sonneneinstrahlung, zerbricht seinen Helm und setzt sich mit Hilfe des Glases selbst in Brand - In der letzten Szene geht er brennend 3:20 Minuten lang langsam durchs Bild.
Die Bild- und Musiktableaus sind fein austariert, von Brian Eno über Joseph Haydn bis hin zum Blues-Gitarristen Jackson C. Frank wird Musik aus den verschiedensten Richtungen und Epochen eingesetzt. Die Bilder und die Diegese hingegen schreiten dabei unheimlich langsam voran.

Zweiteres lohnt sich. Nicht immer, aber in einzelnen Passagen, etwa wenn die beiden Roboter unter Electro- und Bassrauschen in die Spießer-Stadt einfahren oder wenn Linda Perhacs den fantastischen Song "If You Were My Man" singt und man währenddessen über Wüstenlandschaften streift, um am Ende in einer Einstellung aus den Konturen eines Hügels in der Abendsonne eine Vagina entstehen zu lassen in die wir eintauchen. Ganz besonders aber in der grandiosen Endsequenz, in welcher zu Jackson C. Franks "Dialogue" der brennende, aber nicht sterbende Roboter aus den Bildern, und damit aus dem Film gleitet - "I want to be alone" sind die Refrain-Zeilen des Stückes, und ja, dieser Abschluss ist zutiefst berührend in seiner Einfachheit und seinem Minimalismus.
Die Frage bliebe zu klären, on nun ELECTROMA ein "Langfilm", "Spielfilm", "Experimentalfilm", "Musikcollage", oder "verlängerter Videoclip" sein soll/kann/muss. Die Wirkung auf den einzelnen Zuschauer allein lässt diesen entscheiden. Finde es lächerlich, finde es berührend - finde es primitiv, finde dich und deine Philosophie darin wieder. Eines ist ELECTROMA jedoch mit Sicherheit: Eine Homage an die aufgeführten Musiker.
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