Dienstag, 4. August 2009

Woman in the Dunes vs Onibaba

Hiroshi Teshigahara vs Kaneto Shindô - Japan, 1964

Sand vs Schilf

Hier die Sandbank, der Sandsturm, das Sandgrab. Dort die Schilffestung, das Schilflabyrinth, das Schilfgrab. Hier ein urbaner Forscher, der gefangen gehalten wird, der in Interaktion mit der einzigen Person - einer Frau - treten muss. Einer, der in Tradition und Konservativismus der Landbevölkerung untergeht und Halt findet. Dort zwei Frauen, alt und jung. Dann das Begehren des stürmischen Dritten, eines Mannes. Dort auch viel Tod, viel Leiden, Mord, Kannibalismus, Krieg. The Woman of the Dunes und Onibaba, des Menschen Tragödie im Schatten der Natur.

Es ist und bleibt ein grundlegendes Problem der Literaturverfilmungen. Und dies gilt auch für einen Klassiker wie Woman in the Dunes. Die Verfilmung schafft es selten die Vorlage wiederzugeben. Oder - was eigentlich noch viel wünschenswerter wäre - ihr etwas Neues hinzuzufügen, oder sie gar umzuformulieren, zu interpretieren, zu modellieren. Hiroshi Teshigahara schuf im Jahre 1964 ein Stück existenzialistisches Kino, ein minimalistisches Schwarz-Weiß-Spektakel nach Kôbô Abes Literaturklassiker, heutzutage Pflichtlektüre bei Japanologen. Die Bildwerdung der Sprache ist das Eine, durchaus Gelungene. Das Zweite ist die Essenz, die der Film vor allem in den letzten Zeilen transportieren kann. Dann sind da aber noch die Leerstellen, und hier fängt es an schwierig zu werden. Meine beiden Japan-affinen Mitgucker pflichteten bei, dass der Film ohne Kenntnis der Vorlage schwer zu fassen ist. Die radikale Zusammenkürzung des Geschriebenen treibt den Zuschauer stets aus dem Bann der Bilder. Was bleibt ist - trotz dem Eingeständnis der existenzialistischen Schönheit - ein Zweifel am Genre der Literaturverfilmung. Mal wieder.

Ein anderer Schnack: Kaneto Shindôs Onibaba aus dem gleichen Jahr. In Vielem gleichen sich der Teshigahara und der Shindô. Der Minimalismus, der Schrei nach Existenzialismus, die Bildpalette, das Thema der menschliche Auswegslosigkeit. Und doch ist Onibaba ein anderes Kaliber. Das liegt an der Konzentration ganz auf den Film. Man merkt dem Werk jederzeit seine Dynamik an, seinen Sturm und Drang nach dem Fühlen der Bilder. So schön sie auch bei Woman in the Dunes sein mögen, in Onibaba haben sie Präzision, Präsenz, sie haben Genregedankenfetzen, sehr viel Naturverständnis als Koppelung ans menschliche Erleben.

Onibaba bewegt sich in paradoxen Welten. An sich ist der Film frischer, lebendiger, zielstrebiger und viel genreorientierter als sein Gegenüber. Und doch ist er auch der Düstere, Atmosphärischere, Affektbesetztere. Den tiefen Pessismus haben beide zum Freund, doch nur Onibaba vermag der Finsternis Ausdruck verleihen. Am Ende ist's - wie immer - schwer und unnötig, hier gegeneinander abzuwiegen.

Sonntag, 26. Juli 2009

Inglorious Basterds vs The Brothers Bloom

Quentin Tarantino, USA/D 2009 vs Rian Johnson, USA 2008

Genau so, mein Junge! vs So Nicht, Sportsfreund!

Postmoderne ist ein schönes Wort und man kann damit viel Schabernack treiben, wild herum reflektieren oder dumm daher labern. Nehmen wir an Quentin Tarantino dürfte sich Vorreiter eines postmodernen Kinos nennen, oder nehmen wir an, es stehe so in diversen Filmgeschichtsbüchern. Gehen wir weiter und bezeichnen Tarantino einfach mal frech als Papa aller kleinen, maßlos-frenetischen Nachkommen und Zöglinge dieses postmodernen Kinos, welches nach Meinung mancher das Kino in respektlosester Art angreift. Schauen wir uns also dieses Konstrukt an, was hier eben kurz skizziert wurde. Nehmen wir es so, dann lässt sich sagen: Quentin Tarantino ist der König einer selbstreferenziellen Coolness, die seit 15 Jahren das Kino wie ein Road Runner durchflitzt.

Dass er quasi nicht nur ein Frühaufsteher im postmodernen Zirkuszelt war, sondern seit jeher auch derjenige ist, der am Besten (als Einziger?) sein Handwerk beherrschte, bewies er immer wieder. Und beweist es noch immer. Dieses Jahr mit Inglorious Basterds, einem Exploiter im Nazideutschland der 40er Jahre. Eine Gruppe GIs wird da ins dritte Reich geschickt um ein paar moralisch einwandfreie Massaker anzurichten. So ungefähr lautet die Storyline, aber eigentlich gibt es da noch viel mehr an Figuren, Geschichten, Momenten.

Dummbratzen sagen: "Ja, genau, da wird doch nur rumgeballert und gesplattert." Dummbratzen wären aber nicht unter genau der Formulierung im Duden zu finden, hätten sie Recht. Der Tarantino ist dies erstaunlich wenig. Er ist viel mehr das altbekannte, pure Geschnattere, mit welchem der Herr so gerne mal ganze ausgiebige Passagen seiner Filme füllt, und welches er sich in unserer Generationen-lancierten Geilheit erlauben kann (160 Minuten Lauflänge). Er ist ganz viel detailversessene Schnickschnackerei. Er ist humorgesprenkelter Pancake. Er ist Kinobessenheit, Frauenfetischisierung, Freude am deutschen Analcharakter und nochmal Filmfieber. Nie spielte ein so großer Teil seines Films im Kinosaal und dem -gebäude.

Erstaunlich an Inglorious Basterds ist vielleicht wie spannend das Werk ist. Sauspannend. Eine Spaßgranate, und dann noch so ein Suspensepaket. Kann mich gerade nicht erinnern, dies schon mal in solcher Eintracht serviert bekommen zu haben. Auch bemerkenswert ist, wie wenig die deutschen Knollnasen stören. Allen voran Christoph Waltz als sadistischer Nazikommandant. Waltz bedankte sich in seiner Dankesrede für den Preis des besten Darstellers in Cannes zuvorderst dafür, dass Tarantino ihm nach 88 (!) zuweilen furchtbaren Verheizungen im Ofen des Fernsehzoos endlich der wahren Profession zugeführt hat. Nicht nur daran sieht man wohl: Gut gemachte Exploitation ist immer noch um Dekaden anständigere und höher wertige audiovisuelle Stimulation als es das deutsche "Qualitätsfernsehen" je im Stande sein wird, liefern zu können.

Tarantino macht in seinem grinsebärenen Schundfilmchen so ziemlich alles richtig, hat die Lacher stets auf seiner Seite und kann sich einmal mehr den Stempel zum postmodernen magician patentieren lassen. Anders da einer seiner Nachfolger, die das Apologetentum leider missverständlicherweise ins Kino getragen haben. Rian Johnson hat schon 2006 mit seinem Kult-Kackerle Brick bei vielen für Missmut gesorgt. Ein kalkuliertes Cooleness-Tableau sahen die Einen, unehrlichen Hokuspokus und eine Verschändelung des Post-Noirs. Die anderen hatten Spaß.

Mit den Brothers Bloom kehrt Johnson nun 3 Jahre später zurück. Adrien Brody und Mark Ruffalo mimen Gebrüder, die als veräppelnde Gauner durch die Lande ziehen. Die tolpatschige Rachel Weisz macht sich da als Opfer nicht so gut, weil sie doch ein bisschen zu süß ist. Anbei haben sie noch ein sprachlose Asiatin, fürs kleine, geile Abziehbild vom Exotenmarkt.

The Brothers Bloom ist postmodernes Gequake der schnöden Art. Der Film gefällt sich in seiner brachialen Antiemotionalität, im Roundhouse-Kick der indifferenten Lethargie, in seiner Koppelung von Kino und Magik, die so behauptet wie für diesen Film unzutreffend ist. Rian Johnson versucht sich als Tarantino-Klon Nr. 157 und ist wieder einmal so uncool und belanglos wie so viele seiner Vorgänger. Glücklicherweise gibt es ja im Kino nebenan Inglorious Basterds. Der läuft nämlich bereits eine Woche früher an.

Dienstag, 21. Juli 2009

In a Lonely Place

Nicholas Ray, USA 1950

In A Lonely Place and No Way Out


Sollte mal ein raunender, grummelnder Kulturpessimist neben einem stehen und von "guten alten Zeiten" reden, in denen Drehbücher noch Schmackes hatten und ein Film noch in denkwürdigen Momenten gemessen wurde, dann spricht er höchstwahrscheinlich von Nicholas Rays Ausnahme-Noir In A Lonely Place. Dann kann man mit ihm eine Diskussion beginnen, dass doch heute alles gar nicht so schlecht sei, oder man gibt ihm mit einer behänden Geste und gehaltvollen Blicken zu verstehen, dass man hier keine Worte mehr verlieren muss - denn der Mann hat Recht.

Rays Bogart-Vehikel nimmt sich der Essenz des melancholischen Genres des Film Noir vollends an und verhandelt die vermeintliche Krimigeschichte in Atmosphäre, Tragik und existenzialistischem Gestus. Nach der Einführung der stets ambivalenten Figur des Drehbuchautoren Dixon Steele (Humphrey Bogart) als mit dem Leben abgeschlossen habenden Zyniker wandelt sich das Szenario vom Kriminalfilm (das pointierte Verhör tatsächlich als ein Highlight des ganzen Werkes) zur Liebesgeschichte und ihrem Scheitern.

Steele also - und dieser schmissige Name weist bereits auf den ungeschminkten Umgang mit diesem Film als ostentativ prononciertes Kanonenrohr hin - ist Hauptverdächtiger für den Mord an einer naiven Blondine, einem kleinen Licht im Hollywoodzirkus. Heraus gehauen wird er von seiner Nachbarin Laurel Gray (Gloria Grahame), sein Alibi wird im Folgenden seine Geliebte. Nach kurzer Zeit entdeckt die schlagfertige Blondine allerdings einige unangenehme Seiten an Steele, und während der Mordfall langsam zur Auflösung gelangt, erreicht auch die Liebesgeschichte einen point of no return...

Der Film weiß um den Menschen. Um die still gehaltene, stets enttäuschte Gier des Zynikers nach Emotionen. Um die Einsamkeit des Individuums, auch in der romantischen Liebe. Um die vielen Gesichter, auch die vom Liebenden verdrängten. Die Bissigkeit der Dialoge, die volle Fokussierung auf die Tragik, der brilliante Score von George Antheil, das Gesicht Bogarts - dem Film gelingt es uns die Vehemenz seines Unterfangens zu verdeutlichen und zieht den Betrachter in den Sog des unausweichlichen Dramas.

Dienstag, 14. Juli 2009

"Wir geben nochmal kurz nach Deutschland..."

In Sachen Geschichtsaufarbeitung im heimischen Film tat sich die deutsche Filmlandschaft schon immer schwer. Nazifilme sind das Eine, Umgang in der Darstellung der RAF das Andere. Bis heute hat es nur der Petzold geschafft, adäquate Bilder zu finden, Schattenwelt nun wurde im Vorfeld hochgejubelt als der "kleine Film" der den großen Eichinger-Komplex ästhetisch in den Schatten stellt. Das kann man einfach mal glatten Humbug nennen. Connie Walters Film ist furchtbar steriles Kino des herrschenden blaugrauen Filters, ein Unterfangen voller behäbig gespielter Drehbuchphrasen. Die Behauptung alle seien Opfer und drehen gemeinsam kräftig durch bestimmt das bedeutungsschwere Szenario. Eigentlich wirkt der Film über die größte Strecke wie eine Folge Sonntags-Tatort, abgehacktes, blutarmes Einerlei - als ob nicht viel mehr drin gewesen wäre. War es vielleicht auch nicht. Wieder nur ein Armutszeugnis für den deutschen Film, gerade auch weil in solch einem bis zur Atemnot zugeschnürten Filmraum der große Wurf der kleinen, unabhängigen Kinos entdeckt wird.

Deutschland, dein Kindergarten. Wie ekelhaft deutsches Mainstreamkino sein darf zeigt eindrucksvoll Dennis Gansels Verfilmung von der pädagogisch wertvollen 6-klässler Pflichtleseübung Die Welle. Im Dickicht eines stereotypen Geraunes, einer Phrasendrescherei, die schon Fremdscham auslöst und einer so trivialen wie den Zuschauer zum Idioten degradierenden Affekterzeugung zeitigt das Constatin-(Abfall)-Produkt ein TV-Niveau in gelackten Bildern, dass einem speiübel werden kann. So schlecht kann der Roman damals doch kaum gewesen sein, wie er hier umgesetzt wird. Wie der Film schwelgt in der faschistoiden Ästhetik (interessanterweise in der Form der Popkultur), sich auch als Jugendfilm und Generationsabbild der billigsten Sorte versucht, wie er seine vermeintliche Coolness jederzeit aufs Neue behauptet ist schon höchst dreist. Und, auch weiterhin gilt: Knüppel deutsche Geschichte und deren Ausläufer auf die Zuschauer ein, und alles verhält sich ruhig.

Klarer Fall: Andreas Dresen ist immer dann gut, wenn er frei mit seinen Schauspielern umgehen kann, wenn es wenig strukturierte Drehbuchvorgaben gibt, wenn ihm die Möglichkeit gegeben wird einen deutschen Neorealismus mit mentalem Ost-Einschlag heraus zu kitzeln. In Whiskey mit Wodka - seinem bis dato schlechtesten Film - wird dies besonders deutlich. Zwar ist mit Wolfgang Kohlhaase der Schreiberling des einzig gelungenen Gegenbeispiels Sommer vorm Balkon an Bord, doch helfen tut es dieses Mal nicht. Statt dem gewohnt tiefen Einsteigen in die Persönlichkeitsstrukturen seiner Figuren bei gleichzeitiger Wahrung eines herzlichen, aber nie anbiedernden Humors, gibt es hier ziemlich herkömmlichen, deutschen Komödienflair. Mit Henry Hübchen als alternden Abwrack-Star sogar einen gediegenen Altherrengestus, wobei Hübchen den in seinem gekränkten Narzismus stecken bleibenden verloschenen Stern angebracht zu verkörpern weiß. Dresen hingegen bedient auch ein Klischee des Autorenfilmers, nämlich mindestens einen Film über das Filmemachen drehen zu müssen. Dass der Realitätssinn dann nun ausgerechnet bei diesem Werk so sehr auf der Strecke bleibt, spricht wohl für sich.

Dienstag, 7. Juli 2009

Stellet Licht vs Twentynine Palms vs Hunger

Carlos Reygadas, Mex/Fra/Nl/D 2007 vs Bruno Dumont, Fra/USA/D 2003 vs Steve McQueen, UK/Ir 2008

Filmsprache - Schwere Sprache

Karg, das sind sie alle. Auf der Suche nach einer neuen Filmsprache. Im Findungsprozess einer eigenen Dynamik. Damit definieren sie sich (bzw. werden definiert) als die Avant-Garde des Arthouse Kinos. Festivalbumper, Cineastenfutter, Konzentrationsmagneten.

Carlos Reygadas ultraprätentiöses Transzendenz- (oder erdenverhaftetes, je nach Sichtlage, diese spielt aber m.E. kaum eine Rolle) Drama Stellet Licht weist ein Abstraktionsniveau auf, wie man es seit Fassbinder oder Bresson kaum mehr erlebt hat. Laiendarsteller zeigen Shakespeare im verödeten Niemandsland. Die Erzählung dreht sich um Liebe, Leidenschaft und Leiden. Ein Mann verlässt seine Frau für eine Andere, sie stirbt und erwacht wieder nach einem Kuss der Liebhaberin auf dem Totenbett.

Dann der Bruno Dumont. Beziehungsödnis. Beziehungsschwankungen. Sex als Macht- und Dominanzausdruck. Sex als Triebabfuhr. Sex als Liebesbeweis. Sex als ultimativer Beweis, dass der Geschlechtsakt zuweilen nur im eigenen Universum stattfindet. Aneinander vorbei reden. Sie spricht französisch, er englisch. Was interessiert der Eine sich überhaupt für den Anderen? Zwar wohnt man in Twentynine Palms einem Auf und Ab bei, anfühlen tut sich das aber nur wie ein Ab. Am Ende bricht die Gewalt ein in diesen Film. Im Maße, dass man ihm billige Provokation unterstellen könnte. Sollte man ihn aber ernst nehmen, schockiert das Werk hier in brutalster Konsequenz.

Und Steve McQueen? Ein Film über die IRA? Hunger ist vielmehr ein ultradichter Einblick in Zwischentöne des Alltags eines Gefängnisses, genauer einer Staatsinstitution, die unbarmherzig mit den politischen Gefangenen umgeht. McQueen beobachtet hier so unglaublich detailgenau, und mit einem so geschärften filmischen Blick, dass jede Einstellung einer Installation im filmischen Raum ähnelt. Zweitsichtungen, Drittsichtungen sind schnell erforderlich. Eine große Projektionsfläche, Dunkelheit und Ruhe ebenfalls. Hunger ist ein Film über jene Zeit, über die Atmosphäre des Irlands der 80er Jahre, auch über Politik, vielmehr aber über individuelles Erleben in einer Extremsituation. Wie besessen filmt McQueen dieses Szenario ab. Neben dieser strikten Enthaltsamkeit (an Schnelligkeit, Worten, Erklärungen) stellt der Film eine Poetik, deren atemberaubende Einfachheit aufzeigt, wie weit im filmischen Minimalismus gedacht werden, und was für Wirkung dies tatsächlich entfalten kann.

Alle drei Filme werden schon jetzt als kleine, moderne Meisterwerke deklariert und in 30 Jahren vermutlich im Filmkanon aus unserer jetztigen Epoche vermerkt sein. Wie das sein kann, ist nachvollziehbar, aber ungerechtfertigt. Dem Credo nach gehend, dass doch bitte jedes Bild wohl überlegt sein soll und eine Funktion im Sog der intellektuellen Immersion haben muss, gewinnen sie alle drei (am wenigsten vielleicht der Reygadas). Nimmt man sich aber den Spruch zu Herzen, Film sollte auch immer einen humanistischen Impetus besitzen - und zwar nicht auf verschwurbelt naive, sondern ehrlich-authentische Weise - so haben Carlos Reygadas und Bruno Dumont klar verloren, ja sind ihre Filme sogar hassenswert.

Der vollkommenen Abstraktion, derer Raygadas alles - und vor allem seine Figuren - unterwirft, wohnt ein tiefliegender Antihumanismus inne, zugunsten einer "neuen Filmsprache", deren Grammatik damit jedoch einen vergraulenden Charakter besitzt. Angeblich sollen hier die Basis-Strukturen eines Dramas, sozusagen also bis auf die Knochen offengelegt, aufgezeigt werden. Im sichtbaren Ergebnis aber offenbart sich die bloße Idee als unfähiges Konstrukt. Der Höhepunkt dabei ist letztendlich doch die Suche nach der Poesie, welche der Film vermeintlich in den gemäldehaften Klammern des Sonnenauf und -untergangs findet.

Anders da der Dumont. Er räumt von Anfang an ein, dem Menschen feindlich gesonnen zu sein. Mit einem existenzialistisch-pessimistischen - auch wehmütigen - Unterton allerdings. Seine exzessive Reise in Sexualität und menschliche Zweisamkeit ist beeindruckend und anekelnd zugleich. Da steht neben einnehmend ehrlichen Bildern auch viel Ennervierungsstrategie, viel Posaune gegen die Figuren, viel Schminke mit welcher der Teufel ins Gesicht gemalt wird. Der brutale Knalleffekt am Ende des Films ist dann die letzte Kreuzung, an welcher man sich entscheiden muss, mit dem Film mitzufahren und die Unfassbarkeit zu ertragen oder ganz auf Konfrontationskurs zu bleiben und dagegen anzureden.

Der irische Mythenbilder Hunger hingegen ist anderes Kino. Eines der ungeschönten Brutalität und zugleich eines des tiefen Humanismus. Das geht kaum ohne diese Vermythisierung, mit welcher der Film auch Stellung bezieht. Dem Idealismus der Protagonisten huldigend gibt es ein Gut und Böse, nie im unterkomplexen Modus, aber eben doch aufgezeigt. Das ist allerdings gar nicht wichtig, denn das Konzentrat, welches Hunger jedoch auszuspeien gedenkt, ist weitaus intensiver und geht über billige Ideologiekritik hinaus, ist viel zu klug um an einem Punkt wie jenem stehen zu bleiben. Jede der Szenen entmachtet eine traditionelle Erzählweise aufs Äußerste, indem es fokussiert, die Kamera so ungemein scharfsinnig einsetzt, indem es Strukturierungen schafft, die funktionieren. Die Einbindung erfolgt hier über den Moment des interessierten Blicks. Unvorbelastet, so es denn geht. Was wir hier sehen ist neu, in viele Richtungen. Hunger ist Körperkino, ist Formerschaffung, ist Poesie, ist soviel gebündelter Humanismus, der in einer Welt nachgewiesen wird, wie sie der Hölle nicht ähnlicher sein könnte.

Wo Reygadas im bis zur Unkenntlichkeit herunterabstrahierten nach der nackten Tragödie sucht; wo Dumont im fiesen Blick auf die vollkommene Verwzeifelung inmitten der Zweisamkeit richtet; genau da schmeißt uns McQueen in die unwirklichste, in die brutalste, in die markanteste der misanthropen Welten - und befreit unseren Blick auf die Essenz des menschlichen - und, als ob's im Nebenbei wäre - des filmischen Daseins.

Dienstag, 23. Juni 2009

Kinskis Paganini vs Transformers: Revenge of the Fallen

Klaus Kinski, Italien/Frankreich 1989 vs Michael Bay, USA 2009


Wenn ich später einmal Weltherrscher sein sollte, werde ich Klaus Kinski wiederbeleben und zum Protektor einer Insel machen, auf der sich dann auch Michael Bay herumtreiben wird. Dort wird dann den ganzen Tag Kinskis Paganini laufen, Bays Schmutzfinken hingegen not so much. Bei Kinski weiß man, woran man ist, bei Bay tue ich es auch nach dem x-ten Machwerk immer noch nicht. Ist er vielleicht doch nur ein Scherzkeks?

Kinski inszenierte kurz vor seinem Tod diese vollkommen freidrehende Tour de Force. Ein Schnittgelage ohne vorne und hinten, ohne erkennbare Strukturen, dafür mit viel Blitz und Knallerei, Obszönitäten, Musikterrorismus und Kinski. Pferde pimmeln ihre Stuten, Männer ihre Mädchen. Die Bilder laufen am Band, ohne Rast, wirbeln den Filmkörper herum als hätte er ein Magengeschür und kippe da Milch rauf.

Bays Transformers-Nachfolger ist nicht so verrückt, sondern mal wieder ziemlich doof. Immerhin kam mir diesmal des häufigeren der Gedanke, dass Bay hier nichts ernst meint. Neben dem infantilen spätpupertären Humor schleicht sich hier und da auch eine ironische Überstilisierung ein, die nachdenklich macht. Klar gibt's wieder Militärfetischismus, klar gibt's patriotischen Patriotismus mit Mundgeruch, und klar gibt's auch wieder diesen seltsam akzeptierten Rassismus (Roboter mit "humorigen" Attributen von Afroamerikanern bspw.). Das kennt man, das verabscheut man. Dann ist da noch die an die Wand gefahrene Dramaturgie, die dem Militärreigen einfach die letzten 45 Minuten überlässt, auf das wir uns mit dem Film verlaufen im trüben Gewässer einer fetischisierten Dauerbefeuerung. Nein, ich will nichts Gutes über den Film sagen, das hat er nun auch wirklich nicht verdient. Aber immerhin: Lange habe ich nicht mehr so gelacht.

Nach Kinski in der Nacht und Bay am Tage bleibt am Ende nur das Staunen und möglicherweise Augenreiben. Und was kommt jetzt?

Montag, 22. Juni 2009

Shortys Juni 09

Poseidon
harmlose Nummernrevue, die sich aufs Abarbeiten der Genreklischees und Plot Points konzentriert.

The Mutant Chronicles
Zu dunkel geratenes CGI-Massaker mit halbherzigem Trashanspruch.

Golden Door
Lahmes Kunstkino, sperrig, knochig, karg.

Ex Drummer.
Klassischer Menschenhass ohne Brechung, mit punkiger Attitüde wird jede Figur als marodierendes, schäbiges Ungeziefer entlarvt und stolpert gottverlassen durch diesen Haufen Nicht-Geschichte.

Adam Resurrected
Ein reichlich groteskes Unterfangen nachhaltige NS-Traumata abzubilden. Bitte auf deutsch schauen, wenn man die vollkommene Abstraktion erleben möchte.

Death Race
Plotpoint für Plotpoint abarbeitendes Actionvehikel, protzig, prustend, prollig.

Underworld: Rise of the Lycans
Gothisches Actionvehikel, zwar recht debil, aber durchaus goutierbar.

The Dutchess
Banales Kostüm-Melodram nach dem alten Strickmuster Liebe vs Gesellschaftsdruck.

A Generation
Kammerspielartiger Erstling von Andrej Wajda. Ziemlich statisch, voller Text und ohne prägende Bilder.

He's just not that into you
Liebesallerlei, dass sich zwischen Drama (Connelly, Johansson) und streckenweise platter Komödie (Berrymore und diese Fremdscham-Elli) nicht entscheiden kann, letztendlich aber zutiefst biedere Frauenmagazin-Weisheiten an die Frau zu bringen versucht.

Freitag, 19. Juni 2009

Oscars & Césars Bettgeschichten

1989 gelang es Rain Man dem ausgehenden Jahrzehnt eine Art Denkmal zu setzen und damit auch noch einen umfassenden Erfolg zu verzeichnen. 4 Oscars für den Film und Weltruhm für seine Rolle erhielt Dustin Hoffman als Autist, der 80er Jahre Yuppie Tom Cruise zu einem besseren Menschen macht. Rückblickend handelt der Film das Ende eines Jahrzehnts ab, für das der junge Cruise hier stehen soll. Problematisch allein ist, das man Cruise seine Wandlung zum Menschenfreund nicht abnimmt. Der lockere Ton, den der Film zudem anschlägt passt zum Dramatischen kaum. Rain Man wirkt seltsam in seiner Zeit gefangen, dass merkt man ihm nicht nur an den Frisuren seiner Protagonisten an, sondern am kompletten Handwerk.

Französische Ensemblegeschichten sind im Arthouse gern gesehen, das letzte Jahr stach der Film mit dem einfachsten Titel für so ein Genre Paris hervor. Die Binoche und so einige andere gern gesehene Franzosen geben sich unter der Ägide Cédric Klapischs die Klinke in die Hand und verketten diverse Einzelgeschichten (amour fou alter Mann, junge Frau - Depri-Loch und Kampf in der Midlifecrisis etc). Die tragische Beinote erhält das Werk dadurch, dass der Erzähler selbst kurz vor einer hochgefährlichen Herz-OP steht. So blickt er in der letzten Einstellung halb durch seine Krankheit, halb durch die Schönheit der Welt versunken auf seine Stadt und die Figuren des Films. Typisch französisch, typisch humanistisch, typisch beschwingt mit leiser tragischer Note. Und der einfachen Erkenntnis, dass man sein Leben genießen soll, solange man noch kann.

Im deutsch-chilenischen Sex-Kammer-Spiel En la cama wird viel geredet. Mann und Frau verbringen eine Nacht im Bett und philosophieren über die Liebe, Beziehungskonstellationen, Lieblingsfilme. Die Vergänglichkeit der Situation, die uns und ihnen unbekannte Vergangenheit und Gegenwart der Figuren sind der zentrale Spannungsmoment, der den Film wach hält. Die Weisheiten und die so wahren und echten Emotionslagen, die hier gesucht werden wirken weniger beschwingt und weitaus prätentiöser, als es intendiert sein kann. Letztlich wirkt der Minimalist leider zu häufig auch nur wie ein schaler Abklatsch der Linklater-Leidenschaftsszenarien Before Sunrise und Before Sunset.

Mittwoch, 17. Juni 2009

Bad Timing

Nicolas Roeg, Grossbritannien 1980
Die Liebe und die Obsessionen. Genau dafür scheinen Nicolas Roegs offene Filmform, seine Kollisionsmontagen, seine musikenthusiastischen Kollagen, seine Fokussierung auf den Geschlechtsakt als Mittelpunkt einer Beziehung und deren Niedergang im Rabiaten des Sexualaktes wie geschaffen zu sein.

Ein Psychoanalytiker (vielleicht eine zu plakativ gewählte Berufsgruppe) verguckt sich in ein fesches Madel. Art Garfunkel trifft auf Roegs Lieblingsschauspielerin und Ex-Ehefrau Theresa Russell. Free Minds on their way to love. Das alles ist Zentrum des Films und zugleich nur ein Rückgriff. Eigentlich geht es um den Suizid- oder etwa doch Mordversuch des Mädchens, den Harvey Keitel aufzuklären versucht. Eigentlich geht es aber darum eben nicht. Keitels Gesicht ist da vielleicht ebenso verschwendet oder unnütz, wie der ganze drumherum gestrickte Kriminalplot an sich.

Doch zur Kulmination und Eruption der Gefühlslandschaften muss es doch sein. Eine frische, junge Liebe also der Ausgangspunkt. Garfunkel ist als im Leben angekommener Psychoanalytiker natürlich schon etwas älter, Russell hingegen die Aphrodite, die den Moment festhalten, sich selbst aber nie festlegen will. Man fließt zusammen durch die Zeit, und wie in jeder Liebesbeziehung die so wundervoll leidenschaftlich angekurbelt wird, kommt der Bruch umso brachialer.

Garfunkel wird eifersüchtig und kontrollierend. Er will das zuweilen recht leichte Mädchen für sich. Sie wird sein Objekt der Begierde - mit der Betonung auf "Objekt" - wie es im guten Liebesfilm irgendwann immer passieren muss. Sie wehrt sich, haut ab, hat eh noch einen noch älteren Ehemann von früher über der österreichischen Landesgrenze. Sie wird depressiv, er obsessiv, die Liebe bleibt, doch was für eine? Das böse Ende kommt alsbald.

Was Roeg macht, ist das Auf und Ab der Liebe abstecken. Der "gute" und der "böse" Trieb. Die Liebe und der Hass. Die Lust und die Aggression. Allesamt gegenüberstellen und doch in ein und dasselbe Boot holen. Er schneidet den Überlebenskampf der suizidalen Russell zusammen mit einem leidenschaftlichen Liebesspiel der beiden Protagonisten zum Anfang ihrer Beziehung. Er sieht bereits frühzeitig die fatale Dynamik, welche diese (nur diese?) Beziehung - auch dank ihrer heißspornigen Attitüde - annehmen muss. Es gibt keinen Ausweg. Man kann noch so sehr rationalisieren oder vermeintlich darüber stehen (Hallo Sigmund!). Am Ende ergreift das Irrationale die Realität. Wir sprechen vom Desaster. Vom Frontalaufprall. Vom Totalschaden. Von einer zuende geführten Liebesgeschichte.

Sonntag, 14. Juni 2009

Bummel auf dem Flurkorridor

Vicenzo Natalis Cube Follow Up Cypher beginnt mit grandiosen, ultradüsteren Bildern einer beinahe gleichgeschalteten, architektonisch beeindruckenden Welt. Das unterkühlte Identitätsdrama bietet zunächst eine Geschichte um einen sich von der Welt entfremdeten Mann (Jeremy Northam) an, dessen Präsenz immer wie gedämpft in dieser blau-grauen Welt entlang gleitet. Leider verliert sich dieser spannende Blick ab der Hälfte zusehends in einem komplottreichen Agentendrama, in welchem die Identitäten wild durcheinander gewirbelt werden und die Figur einem damit leider immer gleichgültiger. Plottwists werden zum bestimmenden Merkmal und das tut der anfangs schönen Dystopie nicht gut.

Gäbe es ein Adjektiv pro Filmemacher, so müsste dieses bei Richard Linklater definitiv "verlabert" lauten. Das ist zwar schon Konzept und formaler Gestus bei ihm, nichtsdestotrotz erschien es mir bei Waking Life erstmals wirklich passend mit dem korrelierenden Inhalt zu sein. Im Grunde ist der Film ein fließender philosophischer Essayband, ein Labyrinth der Gedankengänge, eine Textansammlung. Nur auf den zweiten Blick entsteht daraus auch wirklich etwas Filmisches, der Zusammenhang wird über die Idee des Traumhaften geschaffen, welcher dem filmischen Raum ähnelt. Das Unterbewusstsein spült wilde, intellektuelle Gelage an die Oberfläche, die hier für den Zuschauer ausnahmsweise visualisiert werden können, wenngleich auch mit dem Verfremdungseffekt des Comics. Glücklicherweise kam mir die Show zu keiner Zeit gestelzt vor, sondern voller ehrlicher Neugier. Ein schönes Erlebnis, bei dem man im Übrigen auch nebenher sein eigenes Rezeptionsverhalten beobachten kann (Der Film läd dazu ein Konzentrationsausfälle gegen Momente eigener, weiterreichender Gedanken stehen zu lassen). Emotional ist das alles ziemlich seltsam, aber regt damit ebenfalls zum Nachdenken über die Möglichkeiten und Grenzen von Film an.

Ich habe die ganze Zeit gehofft, dass nicht auch Nick Nolte noch anfängt französisch zu reden. Hat er nicht, also stolperte ich mit meinem Schulfranzösisch so einigermaßen geflissentlich durch Olivier Assayas Clean. Dieses Sprachgemisch und meine zerfaserte Rezeption (ich behaupte mal, ich hätte alles verstanden...) gehen aber auch recht konform mit dem Film an sich. Das nervöse Gewusel durch das sich die hektische Maggie Cheung (Darstellerinnenpalme in Cannes 2004 - Wofür?) und der ruhige Gegenpol Nick Nolte da bewegen, läd nicht gerade zum Interesseentwickeln für die Figuren ein. Assayas hat da wohl sicherlich Interessanteres (= Provokativeres?) auf die Beine gestellt. Wird demnächst besichtigt.

Donnerstag, 11. Juni 2009

From the Land of Fun

Adam Sandler gelingt in You don't mess with the Zohan so eine Art politisch inkorrektes Filmchen, dass aber nie wirklich inkorrekt genug ist, um wirklich Tabus zu brechen. Neben dem politischen Witz steht der Triviale, Obszöne und Prolletarische. Amüsanter als die herkömmlichen Komödchen aus Hollywood ist das zwar allemal, wenn am Ende allerdings das Hohelied auf die Völkerverständigung gesungen wird, ist das zwar eine hübsch humanistische Botschaft, allein glaubhaft ist das dann nicht mehr angesichts der schwarzhumorigen Gesten, die hier und da im Film angezeigt wurden.

Dreamworks schmiss letztes Jahr den Kung Fu Panda in den Ring gegen Pixars Wall-E. Wenn die herzige Geschichte um den einsamen Roboter von einem atemberaubenden ersten Teil in harmlose Familienunterhaltung abrutscht, bleibt der Panda konsequenter und sagt gleich an, was Sache ist. Seine hübsche kindgerechte Abhandlung über Verlust, Liebesentzug und charakterliche Schwächen hat viele bleibende Momente, sonnt sich manchmal etwas zu sehr im Slaptickshaften und endet auch etwas zu hoffnungsvoll, aber gut, es bleibt eben doch ein Familienfilm. Ehrlicher als Wall-E ist er damit allemal, wechselt er schließlich nicht seinen Tonfall in eklatant-anbiedernder Weise.

Schon ein seltsamer Vogel, dieser $9,99 Episodenfilm. Da lassen sich Männer zu haarlosen Sesseln umfunktionieren um einem Model zu gefallen. Da sterben Engel zwei Mal (beide Male doch ein Überraschungseffekt), und sind sowieso nur die Zyniker vor Gott gewesen. Da findet keine Figur Ruhe oder überhaupt einen richtigen Abschluss in seiner persönlichen Erzählung. Tania Rosenthals Sammlung an Knetfigurengeschichtchen nach einer Kurzgeschichten-Sammlung Edgar Kerets ist manchmal bizarr, manchmal auch nur naiv-humanistisch, immer recht kurzweilig. Am Ende sitzt man doch ziemlich ratlos im Kinosessel. Nicht das Schlechteste, vermute ich.

Donnerstag, 4. Juni 2009

Oscars Darling #3 - Sommerblockbuster 09, Klappe die Erste

Ich bezweifele stark, dass Watchmen beim Publikum gut angekommen ist. Nun ist es so, dass die Fans im Fußball-Stadion buhen können, wenn ihnen die Leistung der eigenen Mannschaft missfällt. Beim Film ist das - häufig, wie eben hier - glücklicherweise anders. Wenn ein Film an der Kasse floppt rührt das meistens aus schlechtem oder zu wenig Marketing bzw aus der Tatsache, dass die Geschichte schon auf dem Papier niemanden interessiert. Im Kino angekommen, ist die Karte längst gekauft, wenn sich beschwert wird. Und das wird es dann eben doch nicht, vermutlich auch, weil viele gar nicht eingestehen wollen, dass sie den Film so schlecht fanden, eine adäquate Argumentation hat der durchschnittliche Kinobesucher im Regelfall ja eher selten. Zudem ist Kino für die meisten keine Grenzerweiterung über den "Zeitvertreib" hinaus, und den hatte man auch bei einem uninteressanten Film. Also bleibt zumeist nicht mehr als ein "Fand ich irgendwie nicht so spannend." Glück für die Filme. Beispielsweise einen wie Watchmen, der sich Zeit nimmt, dicht am Original-Comic hängt, und sich entschleunigt auf seine Figuren konzentriert. Der Film ist von Comic-Fans für Comic-Fans und somit gegen über 90% der Restbesucher. Respekt für soviel Disrespekt. Und Respekt für soviel Hang zur Kunst der Graphic Novels. Zack Snyder wird jetzt von allen 300-Bashern wieder verehrt werden, vermute ich mal.

Alle schimpfen wieder und ein paar freuen sich. Dabei ist der Film doch so schön körperlich, figurenorientiert und dem Aktionskino verschrieben, dass man ihm kaum böse sein kann. X-Man Origins: Wolverine ist eine Spassgranate, der furiose Comic-Anfang müsste schon von Beginn an versöhnen, wem die Enttäuschung nachher ins Gesicht steht. Angesichts der angenehmen Entwicklungen in den Comicfranchises sollte sie das aber eigentlich nicht. Auch Jackman kümmert sich um die inneren Konflikte seiner Figur (natürlich oberflächlich, natürlich grobkörnig und kernig). Kampfeslust und Explosionsgefahr überall (letzteres vor allem hinterm Rücken). Man liest sich hinein in die Motive (Rache, Verlust, Tier-Mensch, Ego, Erinnerung, blabla) und genießt. Nichts dran auszusetzen.

Als Erinnerungs- und Mythenmaschine mag J.J. Abrams handzahmer Star Trek Aufguss für die ältere Generation zu gebrauchen sein. Davon ab aber ist der Film ein beinahe desaströses Ergebnis biedersten Sommer-Blockbuster-Kinos. Es gibt so viele Baustellen, dass man nicht weiß, wo man anfangen soll. Vielleicht bei der ruckelig-blendenden (im schlechtesten Sinne - Abrams verwendet Flare Lenses und ruckelt mit der Kamera über den gesamten Filmverlauf) Optik? Vielleicht bei dem banalen Zeitreise-Salat, der so etwas wie ein Narrativ darstellen soll? Vielleicht bei den zweidimensionalen Figuren (die Krönung wohl die "starke" Frauenfigur der Uhura)? Vielleicht beim durchschaubarsten Versuch dem Werk eine forciert Humorspritze einzuverleiben? Am Auffälligsten und Maßgeblichsten für die miese Breitenwirkung aber ist wohl die sprunghafte Narration, die einer geschlossenen Dramaturgie beinahe diametral entgegen steht. Wo sind wir? Irgendwann fragt man sich das nicht mehr, schlichtweg weil einen der ganze Plot mitsamt seinen Abrissfiguren nicht interessiert. Es lebe hoch der Mythos (wohl gemerkt der ersten Star Trek Serie!). Mehr als ein Anschieben benötigt es nicht. Die Leute werden es "erkennen" und "erinnern". Der Rest ist ein Selbstläufer. Abrams und seine Crew fokussieren sich auf die Geschichte eines Gründermythos - Der interkultureller Schmelztopf, der adoleszente Kampf zum Erwachsenwerden, die "Grundierung" aller Geschichten der Serien und Filme, die hier gelegt wird. Das funktioniert. Auch beim jüngeren Publikum. Die Schnittmenge scheint gefunden. Jetzt könnte man wieder vom nationalen Geist anfangen, wonach sich wohl vor allem US-Bürger mit dem Film wohlfühlen. Sollte man aber vielleicht nicht, weil ich glaube, dass der Film auch international wirkt. Zu tief suchen braucht man vielleicht auch nicht, oder, kulturpessimistisch gesagt: Das bodenlos-feige Arrangement von Gewohnheiten funktioniert halt immer.

Freitag, 29. Mai 2009

Oscars Darling #2

Er sieht ein wenig aus wie The Wind that shakes the Barley auf Actionfilm, der gute Defiance, und dann doch wiederum eigentlich nicht. Andere Zeit, anderer Ort. Der polnisch/weißrussische Partisanenkampf gegen die Nazis Anfang der 40er, gedreht im Übrigen in den litauischen Wäldern. Eben diesen, die Kostümierungen, überhaupt der Blick fürs historische Detail erinnern an den Loach. Und doch ist Defiance ein spannender Reißer vor historischer Kulisse, wenngleich der Gewichtung und dem Interesse für die Figuren hier glücklicherweise bedacht nachgekommen wird. Den Klischees kann Edward Zwick allerdings ein wiederholtes Mal nicht entsagen. Klare Figurentypisierungen in- und außerhalb der Gruppe (Der intellektuelle Märtyrer, der aussieht wie John Turturro, die rote Armee-Kommandanten hätten kaum boshafter gezeichnet werden können etc) fungieren als Markierungspunkte, damit die Orientierung nicht verloren geht. In all seiner historischen Komplexität versucht der Film unbedingt den Überblick dank Konventionen zu wahren. Äußerlich authentisch, innerlich zerfahrene Hollywooddramaturgie.

Hollywood-Gaultier Ron Howard nimmt sich wohl erstmals in seiner Karriere einer ziemlich toughen Aufgabe an: In Frost/Nixon versucht er sich an einem Porträt zweier in ihrer Hybris gefangenen Machtmenschen. Der unbedarfte Lebemann Frost steht dem erzkonservativen, aber nicht minder eloquenten Nixon gegenüber. Schwierig wird aber wirklich bei der Figur des ehemaligen US-Präsidenten: Dieser harmlose Ausschnitt aus seinem Leben gerinnt zu einem Offenbarungseid, und doch wird hier nur geredet über die Taten, der Figur des Nixon aber eine humanistische Vielschichtigkeit in die Zeichnung gelegt, dass man trotz der offenkundigen Abneigung gegenüber dieses Charakters - der Film inszeniert ja praktisch eine Niederlage, ganz wie in einem Boxerfilm wird der "Bösewicht" zur Strecke gebracht, ist damit also recht offen aggressiv gegenüber seinem Protagonisten - doch zumindest das Gefühl des Mitleids mitübermittelt bekommt. Frank Langella spielt den Burschen dann auch noch mit so einer Inbrunst, dass man - wie so üblich bei starken Schauspielleistungen - der Figur gegenüber eine starke Faszination entwickelt. Dieser Zwang zur Vermenschelung einer historischen Figur, der seinen Höhepunkt im schon allein deshalb unsäglichen Untergang fand, gibt zu denken, und scheint doch ein wesentliches Merkmal eines filmischen Gesamtuniversums zu sein, dass eben dieses aus den Fugen heben kann.

Mit heißer Nadel strickte Möchtegern-Aufrührer Oliver Stone noch fix seine George Bush Biografie W. und brachte das Stück zu den Wahlen in die Kinos. Allerdings nicht in unsere. Man war von der furchtbaren TV-Qualität wohl so erstaunt, dass man den Film direkt ins Fernsehen verbannte. Da gehört er wohl hin. Stones Billigprodukt ist banalstes Klischeekino, eine Satire auf eine Gegenwart, die so vielleicht besser nicht verhandelt werden sollte. Frost/Nixon geht mit seinem historischen Thema bedachter, detailierter um. Stone spielt Schabernack mit Countrymusik und einem chargierenden Josh Brolin (schade, mochte den Mann seit No Country... eigentlich ganz gerne). Der Irakkrieg wird von den Witzmasken Cheney, Rumsfeld und Co in 20 Minuten durchdiskutiert und irgendwie kommt man sich doch ziemlich verarscht vor, ob der Idee, dies solle nun eine ernst gemeinte Abrechnung mit der Ära Bush sein. Der Film ist aber nicht nur schlecht, sondern auch viel zu früh erdacht worden. Reden bzw. Sehen wir so eine Bushbiografie nochmal in 20 Jahren, mit der nötigen historischen Distanz welche so ein Projekt immer benötigt, mit einer erzählerischen Idee - es wäre eine Jahrhundertgeschichte. Diesen W. hier kann man dann ins Wachsfigurenkabinett stellen mit der Aufschrift "This is how Bush was seen 2008 - please, read it as a comic".

Donnerstag, 28. Mai 2009

Oscars Darling #1

Das pure Überwältigungskino zaubert Stephen Daldry mit The Reader auf die Leinwand. Wie schon in The Hours spinnt er ein menschliches Drama über mehrere Dekaden und springt in den Zeitebenen umher. Die verdichtete Extrem-Emotionalisierung lässt kaum Reflexionsfläche und so steigert sich der Film hinein in das Leiden der naiv-verunsicherten KZ-Wächterin (Kate Winslet), während um sie herum diverse Deutsche ihr Amerikanisch ausprobieren. Ebenso naiv-vermenschelt wie die Figur der Winslet gezeichnet wird stellt sich der ganze Film mit seinen Psychologisierungen an. Gib dem dummen Menschen ein Buch in die Hand und er wird human. Aha. Ansonsten ist Der Vorleser schlicht ein Remake von Ilsa - Shewolf of the SS - sozusagen Part 2: The following years.

John Patrick Shanleys eigens adaptierten Theaterstück Doubt merkt man die Eichung für die Bühne jeder Zeit an. Perfektes Schauspielerkino, dessen eng gestecktes Terrain auf kleinem Parcour sicherlich noch mehr Intensität versprühen würden. An und für sich erzählt Doubt die ewige Geschichte des eigenen Glaubens und die Gefahr des Verlusts, wenn man abstrakte moralische Kodexe mit der eigenen Realität abgleichen muss. Interessant dabei natürlich, dass diese Realität hier nun ausgerechnet am heiligsten aller Orte jenseits des Vatikans stattfindet - in einer katholischen Schule. Schöne Idee, wenig spektakulär, aber ruhig und gediegen ausgespielt.

Gus Van Sant hat sich zugunsten eines ambitionierten Themas - der erste bekennend schwule Stadtrat im San Francisco der 70er - mal wieder einen windigen Hollywood-Kalkulator geleistet. Mit zahlreichen Authentifizierungs-Strategien und ästhetischen Spielereien (Original-Dokumaterial aus der Zeit gemixt mit nachgestellte, verfälschten Bildern) lässt er historisches Portrait und unterhaltsame Kurzweil koppeln. Dramaturgie und Figurenwelten gliedern sich hier perfekt ein in ein Seherlebnis der affirmativen Art, um in dieser aufgeklärten Zeit dieses einst so subversive Szenario ideal verpackt an den Mann zu bringen. Ob nun Requisitendetailwettbewerb oder ein Schauspielkino der Extraklasse - Milk wittert Oscar-Luft und bleibt politisch korrekt wie ein republikanischer Senator.

Montag, 18. Mai 2009

Déjà-vu

Zweitsichtung von The Fall. Kleine zusätzliche Anmerkungen: Tarsems Augenschmaus ist ein wirklich schöner Film über den Einbruch des Realen in die Welt des Mädchens. Eine Welt, die diesen Einbruch schlichtweg nicht versteht, ihn verdrängt, gleichzeitig vor ihm steht wie jemand, der das Ausmaß des Schreckens nicht greifen kann. Die Gegenfigur des Mannes wiederum bringt eine erstaunlich intuitive Erzählspannung durch seine Stimmungsschwankungen in die Geschichte. Das Absinken des Märchens ins dark fairy tale ist somit steht's vorweggenommen, etwa so wie die konventionellen Suspense-Momente eines Horrorfilms. Fast eine Art manisch-depressiver Erzählhaltung. Und ich vergaß nach der Erstsichtung noch zu erwähnen was für eine wunderbare Hommage an den Stummfilm und Film generell doch The Fall ist. Die letzten Bilder sind dabei so schön, wie brutal und rasant. Wie eine Kulmination eines Kinos der Bilder.

Nachtrag zum Lieblingsschweden aller Filmfreunde des letzten Jahres: Lât den rätte komma in. Schöner Film, klar. Was mir so als Schlagwort im Kopf herumschirrte: Das ist doch mal richtiger Impressionismus, oder? Also wirklich impressionistisches Kino der Neuzeit. Und das im Genre. Und das im Kinderfilm. Dieser beinahe unpassende Gestus bestimmt den Film so sehr, dass er selbst diese todtraurige Geschichte des Vergehens, der Notwendigkeit von Bindung bei gleichzeitiger Erkenntnis der Unmöglichkeit (bzw von Glück und Tragik, die miteinander gekoppelt sind) überdeckt. Die Zentralmotive gehen fast unter im Meer an Musik und entfärbten Bildern. Die deutsche Syncro verstärkt den Entfremdungseffekt der 70er Jahre Mise-en-scène noch. Und erstaunlich auch zu sehen, wie die Schuldzuweisungen des Films an die Eltern in vielen Szenen entkräftet wird (Zähneputzen mit der Mutter, die Tatsache dass der Junge in den wenigen Momenten mit seinem sympathisch gezeichneten Vater Spass hat). Es ist eben hier jeder irgendwie nie ganz Sympath oder Unsympath. Selbst die Schlägerjungs nicht. Nur der große Bruder, aber der wird ja auch standesgerecht enthauptet, als ob man das ganz Böse doch irgendwie aus der Welt schaffen muss/kann. Zentrales Element jedes Kopfes hier: Der Egoismus. Am Tollsten aber bleibt die Beziehung des Mädchens mit ihrem ehemaligen Geliebten/Vater. Verwelkte Liebe. Ganz groß.

Revisited und Meinungen etwas abgeändert:
Als der Wind den Sand berührte ist eine in seinem Minimalismus und bedingungslosen Anti-Pathos eine eigentlich bezaubernde Geschichte. Allein die forcierte Stilisierung der Mädchenfigur als schweigend das Leid ertragende und am Ende stärkste Figur ist so vielleicht nicht nötig.

Batman Begins ist gar nicht so schlimm. Da sprach wohl vielmehr die Enttäuschung aus mir. Mir missfällt immer noch die "Nicht-Inszenierung" der Actionsequenzen um den Film kindertauglich zu halten. Wirkt dem düsteren Antlitz diametral entgegen. Und die Oneliner-Zoten hätte man sich wirklich sparen sollen. Selber konträrer Effekt zum ansonsten größtenteils als feinfühliges Psychogramm funktionierenden Schwarzseher.

Dienstag, 12. Mai 2009

Marquis

Henri Xhonneux, Belgien/Frankreich 1989
Wo Vulgarität und Obszönität noch Platz haben - Im Kino


Ganz ungeniert geht es der Film an. Das Leben des Marquis de Sade als Gummimaskenspiel (was sonst?). Als Fabel, mit Hunden und Schweinen (wie sonst?). Henri Xhonneux und Roland Topor erschufen 1989 ein Fantasiereich der Groteske. Der Marquis ist ein dackelartiger aristokratischer Hund, gediegen, gepflegt, nachdenklich, intellektuell und durchaus melancholisch. Ein wahrhafter Poet, der die Sprache mit dem Sexuellen nur allzu natürlich in Einklang bringt. Er sitzt im Kerker und unterhält sich mit seinem Glied, das nur nach dem Einen sinnt (eine mäuerliche Spalte wird in Not penetriert) und dem Marquis auch in der Kunstfertigkeit der Sprachschöpfung Nachhilfe zu pflegen gedenkt ("Weniger Verben!"). Um ihn herum entspinnt sich ein Komplott, die französische Revolution steht bevor, der König vergewaltigt eine Magd, die dem Marquis zu Füßen liegt (ach, so ein sensibler Mann!), ihm wird es nun in die Schuhe geschoben. Des Marquis Zellenwächter ist ein geiles Schwein, dass es sich gerne besorgen lassen würde vom Edelmann und dann auch bekommt, nach was es verlangt - allerdings mit einer Languste von hinten, anstatt des stattlichen Schwanzes des Marquis. Dazu stellt den maßgeblichen Antagonisten ein geld-, ruhm- und sexgeiler Priester dar - seines Zeichens Kamel. Das Gummitreiben wird manchmal unterbrochen von surrealen Knetfigursequenzen, welche die Geschichten des Marquis adäquat bebildern.

Die Grobskizzierung dessen, was man dort zu Sehen bekommt, verrät es: Marquis ist ein verdammt schwarzhumoriges Stück Satire, mit Hieben gegen herrschende Strukturen, Kirche und menschliche (=tierische) Egomanien. Die sprudelnde Ideenmaschine der Kreateure macht mit dem anstößigen und wie selbstverständlich dahin genommenen tierisch-menschlichen Treiben um Sexualität alle Ehre. Wie sonst will man solch eine Geschichte darstellen als mit Gummitiermasken? Dem bürgerlichen Zuschauer wäre solch eine Darstellung sicherlich ein Garant für eine patente Röte im Gesicht. "Durchgeknallt!" wäre der Aufschrei. Gelächter die Konsequenz der psychologischen Verarbeitung. Doch die Wahrheit, die hinter diesem "Kinderspiel" und "Maskenball" steht ist so immanent, dass ein wissendes Grinsen stets über dem verdrängenden Lacher stehen würde. Das macht Marquis zum Ausnahmewerk, dass sich dieses Feixen zum Leitfaden genommen hat.

Mittwoch, 29. April 2009

3 x Steven Soderbergh

Schaut man sich im Internet um, kommt man zum Punkt, dass Steven Soderberghs Genre-Experimental-Sonderling Bubble nur über die Rezeptionsgeschichte aufgenommen wird. Vermarktungskette unterbrochen etc. Dabei sollte mal lieber jemand mehr zum Film selbst schreiben. Diese Kriminalgeschichte ist nämlich eigentlich eine äußerst bewusst konzipierte Antipode zum herkömmlichen Genregeschehen. Glücklicherweise nicht naseweiß umhertänzelnd, sondern bodenständig zielorientiert. Im Grunde geht es dem Film um einen trist-trüben Einblick in den White Trash, um eine Destabilisierung jeglicher Dramaturgiezwänge über den Sozialbezug und den apathischen Gestus, den uns Figur und filmische Aufmachung vermitteln. Das sieht bei Soderbergh tatsächlich seltsam interessant und stimmig aus. Dieses gelangweilte Nichts in welchem die Figuren beinahe zu verschwinden drohen ist der eigentliche Protagonist. Gerade der Mord im Affekt ist ausgeblendet, und das passt so wunderbar, weil Affekte in diesem Tränsensack-Triefer gut und gerne als nicht existent wahrgenommen werden dürfen. Die Leerstelle ist mit Fantasie aufzufüllen und derer benötigt man reichlich. In diesem Sinne nun wirklich kein Film, der ein großes Publikum finden könnte. Demnach auch nicht wirklich mutig, diesen dann über "neue Vermarktungswege" zu publizieren. Eher gelungene PR, denn ohne die Metatexte wäre das Ding wohl vollkommen abhanden gekommen.

Bubble bietet also einen neuen Genresprachgestus an. Mit Soderberghs heiß erwartetem Doppelstreich Che: Part One - The Argentine und Che: Part Two - Guerrilla, die bei uns auch getrennt ins Kino kommen, zeigt sich auch der Wille eine stark mythisierte Geschichte und historische Ikone in einem gänzlich anderen Licht zu betrachten. Genau genommen kann wohl niemand etwas mit diesem entschleunigten Doppelbrummer anfangen, denn Che ist 4 Stunden entdramaturgisierter Dauerlauf. Die kubanische und bolivianische Revolutionen werden als Arbeitsprozess dargestellt, als Organisationsablauf, mit Sprüngen, Leerstellen und Figuren als graues Beiwerk. Dann wird der Film auch mal kurz zum recht unansehnlichen Actioner, kehrt aber schnell wieder zurück in die Nüchternheit von Geschichtsschreibung, welche Soderbergh hier vielleicht aufzeigen möchte. Als Konzeptfilm geht das, als Unterhaltungswerk natürlich nicht, in diesem Sinne ist Che durchaus eigenwillig und leicht subversiv, denn gerade als gehypte Kommerzshow ließe sich der Mammut in diesen Tagen der stilisierten Ikonografien wohl am Leichtesten verkaufen. Trotzdem ist an Che - neben der Tatsache, dass er keinen Spass macht - auch auszusetzen, wie er hier vorgeht. Denn diese stille, doch im lateinamerikanischen Bergdschungel seltsam keimfrei sterilisierte Abfolge eines Guerilla-Kampfes passt nicht nur nicht in das Bild der linken Ikone Guevara, sondern wirkt auch - trotz des Authentizitätsgedankens - reichlich unrealisitisch und beschönigt. Die Kämpfe, die Schlammschlachten, der Hunger, die psychologischen Dynamiken innerhalb der Gruppe - alles plätschert so dahin ohne einmal Geistesblitze zu versprühen zu gedenken. Wie gesagt, die Filme machen wohl niemandem Spass.

Bliebe noch der Abgleich mit Soderberghs 2000er Oscarabräumer Traffic anzustellen. Seltsam dieser Gegensatz. In dem Drogengeschichten-Kaleidoskop überkommt dem ganzen Treiben der Zwang zum Affekt. Nichts bleibt unerzählt, alles folgt dem sinnigen narrativen Leitpfad, jede Sequenz findet ihren Platz. Das machte Soderbergh ganz ausgezeichnet, ein wahrer Oscaraspirant, mit dem Blick für die verschiedenen Ebenen des Drogenhandels und -konsums, moralisch zwar, aber nicht belehrend sondern zeigend. Klasse Darstellerleistungen, allesamt. Gesichter für die Geschichten (Benicio del Toro mit seinen 5 Sätzen dort ungemein effektiver und authentischer als seine Che-Schüchternheit). An Traffic gibt es die üblichen Dinge auszusetzen (vor allem das Fehlen einer "Ghetto-Perspektive") und doch ist der Film einfach zu sauber inszeniert - hier gemeint im positiven wie im negativen Sinne - als das er nicht doch gefällt.

Sonntag, 26. April 2009

6. Dokfilmwoche Hamburg 2009

3 dokumentarische Nachwuchswerke aus der dffb ließen auf der diesjährigen Dokfilmwoche aufhorchen. Alle 3 machen es dem Zuschauer nicht leicht, allesamt verbindet die zentrale Frage nach der Exploitation der Subjekte ihrer Abbildung. Die Frage nach Distanz und Nähe zum Dargestellten. Eine Frage, die nicht zuletzt auch moralischer und ethischer Natur ist.

In Heidelberg eröffnet Norman Richter seinen ganz persönlichen Blick auf das Haus der Großeltern, auf Gegenstände, die er mit seinem toten Großvater in Verbindung bringt. Er entwirft Blickbilder, die in ihren jeweiligen Perspektivierungen und Positionierungen nur für ihn Sinn ergeben. Formal löst er sein Anliegen in streng experimental-minimalistischer Gestalt auf. Zunächst spricht er nüchtern über sein Verhältnis zu seinen Großeltern über weißem Bildschirm. Dann zeigt er Bildstilleben ohne Ton (die besagten "eigenen" Bilder). Schließlich hält die Kamera auf seine demenzkranke Großmutter, die verloren mit der Kamera den Satz "Ist er nie mehr da gewesen" repitierend variiert. Richters Film ist zum Einen schwieriges Material, weil es eben "seine" Blicke sind, die von dem Zuschauer mit Bedeutung aufgeladen werden können (nach eigener Aussage wünsche er sich dies). Wenn er das nicht tut, sind die Bilder leer, in ihrer entschleunigten Künstlichkeit sogar anmaßend. Zum Anderen tut sich das angesprochene Problemfeld der Ausbeutung des Dargestellten auf. In diesem Fall sogar noch eine Stufe problembehafteter: Der eigenen Familie. Die schockierende Szene der dementen Frau wirft die Frage nach der Position der am Ende auslaufenden Kamera (erst verschwindet das Bild, dann der Ton) auf. Ist die Großmutter hier noch respektiertes Subjekt oder nicht schon Objekt der schockierenden Wirkung, des erzeugten Mitleids, dessen, "was der Zuschauer sieht" (eine Schau des Zerfalls, des "kurz vor dem Tod sein"). Nicht zuletzt lässt sich an solch einem Filmstudentenwerk trefflich diskutieren über Autorenschaft. Ein aufgeräumt wirkender Richter konnte viele der Bedenken entkräften und gab auch zu Protokoll sich selbst lange Zeit nicht klar gewesen zu sein, ob er diesen Film der Öffentlichkeit präsentiert. Da er es getan hat, muss er sich nun der Kritik stellen.

Die entscheidende Frage nach Nähesuchen und Distanzwahrung bei der Abbildung eines Menschenlebens muss sich auch Sebastian Heidinger in seinem Debut Drifter stellen. Er beobachtet 3 Minderjährige am Berliner Bahnhof Zoologischer Garten beim Heroin Spritzen, Crack rauchen, Obdachlosenasyl aufsuchen, Arztbesuch, Streitereien, Reden über ihr Dasein auf dem Kinderstrich. Heidinger "wohnt ihnen bei", stellt ihren Alltag aus und entzieht sich damit weitestgehend einem Voyeurismus, dem man dem Film nach Sichtung wirklich nicht unterstellen kann. Im Gegenteil: Heidinger integrierte sich in den Alltag, lange bevor er die Kamera anschaltete. Suchte Kontakt und ließ die Kinder entscheiden, was gefilmt wird und was nicht. Viel Interessantes über die Nähe und Distanz zu seinen Figuren gab es im Anschlussgespräch zu erfahren, man kann sich in etwa vorstellen, wie groß die moralische Verantwortung gewesen sein muss (und noch ist). Der Stil ist simples Direct Cinema, perfektioniert, weil die Kamera zwischen Alltagshandlungen und den Zuschauer schon physisch angehenden Szenen (lange nicht mehr so häufig wegsehen müssen) einen sensiblen Mittelweg findet, und das Szenario so authentisch wirken lässt, dass man dieses Nebenher nur durch Reflexion verarbeiten kann.

Wie Heidinger gehört auch Eva Stotz zur Gruppe Super9 um Andres Veiel, die sich über die letzten Semester an der dffb formiert hat. Auch ihr Film Sollbruchstelle bringt uns zurück zur alten Frage nach dem Ausstellen eines Lebenslaufs als Instrumentalisierung für ein Filmkonzept. Ähnlich wie in Richters Heidelberg kommt hier ein naher Verwandter unter die Lupe: Der eigene Vater wird in Stotz Essayfilm zur zentralen Figur, und gerät unversehens in eine Charakterisierung, welche die Filmemacherin nur peripher intendiert haben kann. Die Offenlegung der Persönlichkeit des Vaters - einem zwischen gekränktem Narzissmus und dem Statusdenken der Arbeitsgesellschaft, die der Film primär angklagt, Gefangenen - ist eine schwierige Gratwanderung und eine bewusste Überwindung der Distanz. Der Vater liefert eben gerade der Idee des Films - die emotionale Vergletscherung eines unsolidarischen Kapitalismus sichtbar zu machen - ein Gesicht. Stotz beobachtet gestresste Gesichter in der Bahn und auf den Straßen, beobachtet Managerseminare, Bewerbertraining, humanistische Schulen. Zentral aber erzählt sie die Geschichte ihres Vaters, der seinen Job auf entwürdigende Weise verlor. Am Ende stellt auch sie den Schock aus, zum Einen da ihr Vater weinend den Raum verlässt, zum Anderen weil sie den Selbstmord einer Nebenfigur des Films bekannt gibt. Sollbruchstelle kann es unter den 3 genannten Beispielen vielleicht am Wenigsten vermeiden der Exploitation der Personen anheim zu fallen. So lange darüber reflektiert wird, mag dies auch möglich sein.

Ging es bei den studentischen Arbeiten im Dokumentarfilmsektor vor allem um das Problemfeld Nähe - Distanz, zeigt sich bei Thomas Heises Material eine andere Schwierigkeit. Ihm misslingt vor allem die Anordnung seiner Objekte. Die 166 minütige "Material"-Sammlung ostdeutscher Zeitgeschichte stammt aus nicht verwendetem Footage. Mit "Kill your darlings and revive them" wird das angeworben. Doch heraus kommen viele Szenen der Pre- und Postwendezeit, die zusammenhangslos aneinandermontiert werden. Es geht Heise um keinerlei Erklärungen, vielmehr um Stimmungsgefüge. Das funktioniert immer dann, wenn Beschönigungen und Abmilderungen über den Äther gehen, und dies dann vom Zuschauer dem geschichtlichen Prozess gegenübergestellt werden kann. Vielfach enerviert Material aber auch nur, montiert Passagen nebeneinander, die nur sehr schwerlich Sinn ergeben. Entrhythmisierte Filmrollen. Häufig Interessantes ohne Verbindungspunkte (Der Nazi-Überfall). Ausgestellte Materialsammlungen aus historischen Eckpunkten - klingt nach einem Markt für die Zukunft (Museum).

Einige Preise sahnte Marko Doringer für seine Offenlegung Mein halbes Leben ab. Über die Nähe - Distanz Geschichte traut man sich hier gar nicht mehr zu sprechen. Doringers Eigenbeschau ist selbstausbeutendes Dokumentarmaterial allererster Güte. Hinter der Frage, was denn so Anfang bis Mitte 30-Jährige für Lebenskonzepte errichtet haben erwächst die Idee der gescheiterten Figuren. Jeder hat sein Kreuz zu tragen und seine Mid-Life-Crisis noch vor sich - so lautet die These, auf die hier nur alles allzu perfekt hinauslaufen mag. Nichts endet zu böse, alles bleibt hübsch lakonisch, die "Suchenden" werden nie in ein schlechtes Licht gerückt. Stattdessen positioniert sich der Vorzeige-Gescheiterte (= Regisseur) im Lichtkegel der Eitelkeiten. Ohne verleumderisch daherkommen zu wollen hatte ich permanent das Gefühl einem komplett gestellten Film, sprich einer Mockumentary beizuwohnen. Alles zu perfekt gestriegelt hier. Die Figuren wie Stereotype eingegliedert. Mindestens ein ziemlich durchgefuchstes Drehbuch dürfte zugrunde gelegen haben.

Ein paar Worte noch zum Eröffnungsfilm Am Pier von Apolonovka von Andrei Schwartz, der einen Einblick in das Treiben an einem ukrainischen Pier gibt, dass einst sozialistisches Urlaubsparadies war. Neben dem fehlenden Geschichtsbild wundert der lässige Ton, das wenige Interesse an Geschichten. Ein paar witzige Momente und vielmehr ist da nicht. Betagter Auftakt des Festivals, der niemandem weh tat.

Sonntag, 19. April 2009

3 x Russ Meyer

Ein kleiner, verkannter Exploitationschatz aus den Händen Russ Meyers ist sein Sklavenstück Black Snake. Entgegen Meyers üblichem Gusto haben die Frauen hier keine Riesenbrüste, sind dafür aber auch ordentlich fies. Ganz im Sinne einer klassisch-mysogenen Antagonistin domestiziert, dominiert, traktiert und eifersüchtelt Anouska Hempel durch den Film und benutzt gerne mal die Worte "Nigger" und "Nutte" und diese beiden auch gerne in Kombination (siehe Eifersucht). Entgegen der Plotlinie entwickelt Meyer trotzdem eine erstaunliche Handschrift in dem Film, alles steht in Kontakt mit der obzönen Lady und wird sexuell aufgeladen, obwohl nur selten direkt werdend. Körperlich wird es trotzdem, vor allem als der aufständige Anführer des Sklavenaufstands gekreuzigt und in für Meyer-Filme harte Manier gefoltert wird. So lässt sich Black Snake zwischen Exploitation, Blaxploitation und Kolonialdrama irgendwie schwer fassen, stellt in seiner exotischen Kulisse aber eine außergewöhnlich entrücktes Faszinosum dar. Fragen nach dem Dualismus von Zivilisation und Wildheit werden da dann nicht mehr gestellt.

Russ Meyers wohl schönster, durchgeknalltester und freidrehendster Film ist mit Sicherheit seine 76er Ausverschämtheit Up! Freizügig, offenherzig, ordinär und hochsatirisch arbeitet sich der Film an seiner politisch unkorrekten Geschichte um Adolf Schwarz Piranha-Mord ab. Bevor Adolf aber zu Marschmusik einen blutigen Abgang macht, wird er nochmal im Folterkeller zum devoten Sexsklaven degradiert. "Der ferne Osten macht mir seine Aufwartung!" Und nicht nur der. Äthiopische Dominas und vor allem auch der gute Paul und sein Dödel müssen herhalten für Adolfs perverse Keller-Spielchen. Dann wird Drunter, Drüber und Drauf - so der hübsche deutsche Titel - zur bloßen, freudestrahlenden Nummernrevue an Vulgaritäten in die eingebettet weiterhin diese bizarr-burleske Krimigeschichte um den Tod des armen Adolf ist.

Bevor Russ Meyer so richtig durchstartete schaffte er 1964 mit Lorna eine Art Ausgangslage des männlichen Dualismus im sexuellen Umgang mit der Frau. Lorna ist eine heiße Blondine, die einen Mann hat, der sie liebt. So sehr, dass sie für ihn zur heiligen Statue, zum unberührbaren Engel wird. Folglich ist die Lady - Meyers Blick auf den nicht zu zügelnden weiblichen Lustappetit - unbefriedigt. Als Gegenstück zum treuherzigen, aber plumpen Ehewaschlappen wird sie von einem aus dem Gefängnis geflohenen und in jeder Hinsicht ausgedursteten Häftling beim Nacktbaden erwischt. Aus Vergewaltigung wird ein devotes Ergeben in die Situation und die letztendliche finale Befriedigung. Der Ehemann seinerseits kommt - mit seinen Arbeitskollegen, einem Frauenschläger und einem Dorftrottel - frühzeitig nach Hause und der Film endet im Duell vor dem Haus. Meyer etabliert vielleicht als Unikum in seinem Oevre einen Blick auf männliche Begehrenstrukturen. Zwischen abnormaler Vergötterung und objektbezogener Selbstbefriedigung steckt der Mann gefangen, die Frau interessanterweise - auch hier nur ein lüsternes Objekt - bleibt die Wahl zwischen guter Ehegattin, die umsorgt wird oder schlechter Ehegattin, die sich um ihren Liebhaber kümmert. In jedem Fall bleibt sie Heimchen und bricht aus den Strukturen nicht aus. So lange der Sextrieb befriedigt ist, bleibt sie kontrollierbar. In Meyers späteren Filmen wird sich das radikal ändern.

Sonntag, 29. März 2009

Wild Style! / Grey Gardens / Tanz der Vampire

Geradezu wundervoll verloren ergibt sich das Hip Hop Urgestein Wild Style! in seine Welt der Subkultur des New Yorker Ghettos Anfang der 80er Jahre. Immer wieder verharrt er an seinen Schauplätzen und lässt die einzelnen Disziplinen der Kultur für sich sprechen. Das wirkt dann auch nicht zuletzt aufgrund der realen Figuren auf dem Bildfeld außerordentlich authentisch. Die Geschichte an sich ist nicht sonderlich prägnant, die Schauspieler sind Laien, beherrscht wird alles eindeutig von der sich stets im Vordergrund befindenden Subkultur, dem eindringlichen Score, den gebombten Zügen, die vorbeirauschen, den wuselnden Menschenmassen, den Rhymes, dem Flair. Wild Style! versteht es seine Euphorie über die frische, lebendige, freigeistige Jugendkultur nach außen zu transportieren.

Im Dokumentarklassiker und Ausnahmefilm Grey Gardens beobachten 5 Filmemacher im Sommer 1975 die Tante und Cousine von Jackie Kennedy. Das Bemerkenswerte an den "Objekten der Kamerabegierde" sind ihre reflexartigen Bewegungen in den hysterischen Gedankengebäuden in denen sie leben. Sie bewohnen diese scheinbar gar, denn ihre Behausung sieht aus wie der neurotische Schrottplatz ihres Verhaltens. Zwischen Schimmel und Messibergen werden die Ladies zu hollywoodstar-aliken Protagonistinnen, die wie im Musical singen und tanzen und ihre Rollen perfekt einstudiert haben. Ein seltsames Beziehungsgeflecht geht der Zuschauer vor allem mit der Cousine Kennedys ein, zwischen staunendem Voyeurismus unsererseits und einer in der eigenen Welt gefangenen Selbstdarstellung ihrerseits entwickelt sich eine ungeahnte Dynamik. Es ist beinahe anstrengend ihrer Liebe zur Kamera (oder auch: Filmemachern? Oder eben: Zuschauern?) zum "Opfer" zufallen. Dieses abstrakte Haus, in dem gefilmt wurde, wird am Ende ein Schauort eines grotesken, fast gefühlt fiktionalen Ereignisses. Bleibt allein die Frage: Wieviel Anteil haben noch die Filmemacher an diesem Werk, dass allein durch die sich selbst als Subjekt wahrnehmenden Objekte lebt?

Dank der schaurig-schönen In- wie Exterieur, dank der vielfältig umsäumenden Musik und dank der Atmosphäre der expressiven Abgeschiedenheit lässt sich Roman Polanskis Tanz der Vampire auch heute noch genießen, selbst wenn einen der eine oder andere Witz eher unbehelligt lassen. Fragte mich aber, ob man den Film heutzutage bei den Konstellationen Polanski - Tate - Vampir noch so realitätsfern sehen kann. Ich musste jedenfalls immer wenn Tates Gesicht die Bildfläche erklomm dieses Gefühl verdauen, was aufkommt, wenn man längst auf unschöne Art und Weise Verblichene in alten Filmen wiederentdeckt. Die Allegorie der von oben herab regierenden Aristokraten (die hier eben Blut saugen, statt die Bürger anders zu ärgern) soll noch erwähnt sein. Ansonsten: Kino für die leichte Unterhaltung am Abend.