Sonntag, 19. April 2009

3 x Russ Meyer

Ein kleiner, verkannter Exploitationschatz aus den Händen Russ Meyers ist sein Sklavenstück Black Snake. Entgegen Meyers üblichem Gusto haben die Frauen hier keine Riesenbrüste, sind dafür aber auch ordentlich fies. Ganz im Sinne einer klassisch-mysogenen Antagonistin domestiziert, dominiert, traktiert und eifersüchtelt Anouska Hempel durch den Film und benutzt gerne mal die Worte "Nigger" und "Nutte" und diese beiden auch gerne in Kombination (siehe Eifersucht). Entgegen der Plotlinie entwickelt Meyer trotzdem eine erstaunliche Handschrift in dem Film, alles steht in Kontakt mit der obzönen Lady und wird sexuell aufgeladen, obwohl nur selten direkt werdend. Körperlich wird es trotzdem, vor allem als der aufständige Anführer des Sklavenaufstands gekreuzigt und in für Meyer-Filme harte Manier gefoltert wird. So lässt sich Black Snake zwischen Exploitation, Blaxploitation und Kolonialdrama irgendwie schwer fassen, stellt in seiner exotischen Kulisse aber eine außergewöhnlich entrücktes Faszinosum dar. Fragen nach dem Dualismus von Zivilisation und Wildheit werden da dann nicht mehr gestellt.

Russ Meyers wohl schönster, durchgeknalltester und freidrehendster Film ist mit Sicherheit seine 76er Ausverschämtheit Up! Freizügig, offenherzig, ordinär und hochsatirisch arbeitet sich der Film an seiner politisch unkorrekten Geschichte um Adolf Schwarz Piranha-Mord ab. Bevor Adolf aber zu Marschmusik einen blutigen Abgang macht, wird er nochmal im Folterkeller zum devoten Sexsklaven degradiert. "Der ferne Osten macht mir seine Aufwartung!" Und nicht nur der. Äthiopische Dominas und vor allem auch der gute Paul und sein Dödel müssen herhalten für Adolfs perverse Keller-Spielchen. Dann wird Drunter, Drüber und Drauf - so der hübsche deutsche Titel - zur bloßen, freudestrahlenden Nummernrevue an Vulgaritäten in die eingebettet weiterhin diese bizarr-burleske Krimigeschichte um den Tod des armen Adolf ist.

Bevor Russ Meyer so richtig durchstartete schaffte er 1964 mit Lorna eine Art Ausgangslage des männlichen Dualismus im sexuellen Umgang mit der Frau. Lorna ist eine heiße Blondine, die einen Mann hat, der sie liebt. So sehr, dass sie für ihn zur heiligen Statue, zum unberührbaren Engel wird. Folglich ist die Lady - Meyers Blick auf den nicht zu zügelnden weiblichen Lustappetit - unbefriedigt. Als Gegenstück zum treuherzigen, aber plumpen Ehewaschlappen wird sie von einem aus dem Gefängnis geflohenen und in jeder Hinsicht ausgedursteten Häftling beim Nacktbaden erwischt. Aus Vergewaltigung wird ein devotes Ergeben in die Situation und die letztendliche finale Befriedigung. Der Ehemann seinerseits kommt - mit seinen Arbeitskollegen, einem Frauenschläger und einem Dorftrottel - frühzeitig nach Hause und der Film endet im Duell vor dem Haus. Meyer etabliert vielleicht als Unikum in seinem Oevre einen Blick auf männliche Begehrenstrukturen. Zwischen abnormaler Vergötterung und objektbezogener Selbstbefriedigung steckt der Mann gefangen, die Frau interessanterweise - auch hier nur ein lüsternes Objekt - bleibt die Wahl zwischen guter Ehegattin, die umsorgt wird oder schlechter Ehegattin, die sich um ihren Liebhaber kümmert. In jedem Fall bleibt sie Heimchen und bricht aus den Strukturen nicht aus. So lange der Sextrieb befriedigt ist, bleibt sie kontrollierbar. In Meyers späteren Filmen wird sich das radikal ändern.

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