Schaut man sich im Internet um, kommt man zum Punkt, dass Steven Soderberghs Genre-Experimental-Sonderling Bubble nur über die Rezeptionsgeschichte aufgenommen wird. Vermarktungskette unterbrochen etc. Dabei sollte mal lieber jemand mehr zum Film selbst schreiben. Diese Kriminalgeschichte ist nämlich eigentlich eine äußerst bewusst konzipierte Antipode zum herkömmlichen Genregeschehen. Glücklicherweise nicht naseweiß umhertänzelnd, sondern bodenständig zielorientiert. Im Grunde geht es dem Film um einen trist-trüben Einblick in den White Trash, um eine Destabilisierung jeglicher Dramaturgiezwänge über den Sozialbezug und den apathischen Gestus, den uns Figur und filmische Aufmachung vermitteln. Das sieht bei Soderbergh tatsächlich seltsam interessant und stimmig aus. Dieses gelangweilte Nichts in welchem die Figuren beinahe zu verschwinden drohen ist der eigentliche Protagonist. Gerade der Mord im Affekt ist ausgeblendet, und das passt so wunderbar, weil Affekte in diesem Tränsensack-Triefer gut und gerne als nicht existent wahrgenommen werden dürfen. Die Leerstelle ist mit Fantasie aufzufüllen und derer benötigt man reichlich. In diesem Sinne nun wirklich kein Film, der ein großes Publikum finden könnte. Demnach auch nicht wirklich mutig, diesen dann über "neue Vermarktungswege" zu publizieren. Eher gelungene PR, denn ohne die Metatexte wäre das Ding wohl vollkommen abhanden gekommen.
Bubble bietet also einen neuen Genresprachgestus an. Mit Soderberghs heiß erwartetem Doppelstreich Che: Part One - The Argentine und Che: Part Two - Guerrilla, die bei uns auch getrennt ins Kino kommen, zeigt sich auch der Wille eine stark mythisierte Geschichte und historische Ikone in einem gänzlich anderen Licht zu betrachten. Genau genommen kann wohl niemand etwas mit diesem entschleunigten Doppelbrummer anfangen, denn Che ist 4 Stunden entdramaturgisierter Dauerlauf. Die kubanische und bolivianische Revolutionen werden als Arbeitsprozess dargestellt, als Organisationsablauf, mit Sprüngen, Leerstellen und Figuren als graues Beiwerk. Dann wird der Film auch mal kurz zum recht unansehnlichen Actioner, kehrt aber schnell wieder zurück in die Nüchternheit von Geschichtsschreibung, welche Soderbergh hier vielleicht aufzeigen möchte. Als Konzeptfilm geht das, als Unterhaltungswerk natürlich nicht, in diesem Sinne ist Che durchaus eigenwillig und leicht subversiv, denn gerade als gehypte Kommerzshow ließe sich der Mammut in diesen Tagen der stilisierten Ikonografien wohl am Leichtesten verkaufen. Trotzdem ist an Che - neben der Tatsache, dass er keinen Spass macht - auch auszusetzen, wie er hier vorgeht. Denn diese stille, doch im lateinamerikanischen Bergdschungel seltsam keimfrei sterilisierte Abfolge eines Guerilla-Kampfes passt nicht nur nicht in das Bild der linken Ikone Guevara, sondern wirkt auch - trotz des Authentizitätsgedankens - reichlich unrealisitisch und beschönigt. Die Kämpfe, die Schlammschlachten, der Hunger, die psychologischen Dynamiken innerhalb der Gruppe - alles plätschert so dahin ohne einmal Geistesblitze zu versprühen zu gedenken. Wie gesagt, die Filme machen wohl niemandem Spass.
Bliebe noch der Abgleich mit Soderberghs 2000er Oscarabräumer Traffic anzustellen. Seltsam dieser Gegensatz. In dem Drogengeschichten-Kaleidoskop überkommt dem ganzen Treiben der Zwang zum Affekt. Nichts bleibt unerzählt, alles folgt dem sinnigen narrativen Leitpfad, jede Sequenz findet ihren Platz. Das machte Soderbergh ganz ausgezeichnet, ein wahrer Oscaraspirant, mit dem Blick für die verschiedenen Ebenen des Drogenhandels und -konsums, moralisch zwar, aber nicht belehrend sondern zeigend. Klasse Darstellerleistungen, allesamt. Gesichter für die Geschichten (Benicio del Toro mit seinen 5 Sätzen dort ungemein effektiver und authentischer als seine Che-Schüchternheit). An Traffic gibt es die üblichen Dinge auszusetzen (vor allem das Fehlen einer "Ghetto-Perspektive") und doch ist der Film einfach zu sauber inszeniert - hier gemeint im positiven wie im negativen Sinne - als das er nicht doch gefällt.
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