Sonntag, 5. Oktober 2008

Der Baader Meinhof Komplex

Uli Edel, Deutschland 2008
Es geht ein Gespenst um in Filmdeutschland. Eines, das sich gut und gerne einmal im Jahr blicken lässt, seine PR-Maschine anschmeißt und für kurze Zeit "Buhu" und "Huiuiui" ruft. Das Gespenst weiß wie man die Knöpfe drückt, um den deutschen Nerv zu treffen. Um die Qualität seines ausgespienen Produkts muss es sich dabei keine Gedanken machen - Wer mit Hitler winkt, hat auch die abgerissenen Einlasskarten auf seinem Konto.
Der deutsche Film hat seit jeher seine Problemchen die aufreibende Zeit der 70er angemessen narrativieren zu können. DER BAADER MEINHOF KOMPLEX bringt dieses Problem nun vielleicht exakt auf den Punkt. 150 Minuten lang werden 10 Jahre Zeitgeschichte zusammengerafft ohne in irgend einer Weise an das Filmische zu denken. Man hüpft von Ort zu Ereignis, staffiert seine Figuren mit Banalitäten aus und hinterlässt ein belärmtes Schlachtfeld ohne irgendeinen Zugewinn an Austausch, Erkenntnissen oder Ästhetik zu summieren. 
Statt dessen: Moritz Bleibtreu als Dorfanarcho, halbstarker Pre-Pop-Punk, cholerisches Allerlei. Sprich: Er selbst in seiner Rolle. Bleibtreu konnte noch nie etwas großartig Anderes spielen als den postpubertären Spinner, den manche sympathisch volksnah, andere aufgeblasen dümmlich nennen. Nach Til Schweiger Deutschlands schönstes Exportprodukt.
An den Nazi-Spass DER UNTERGANG kommt die RAF-Aufarbeitung freilich nicht heran. Trotz eines Bruno Ganz als weise, analytische Kompetenzbombe Horst Herold, bei dessen Darstellung selbstredend immer ein wenig der Führer durchschimmert, obwohl Herold hier ja praktisch die einzig positiv besetzte Figur des ganzen Stückes ist.
Ich würde jetzt auch noch gerne über Martina Gedeck und ihre furchteinflößend schlechte Darstellung der Meinhof schreiben oder das Verschleudern Nadja Uhls als Mohnhaupt, aber wir wollen den Film ja nun nicht als lebendige Madame Tussaud Ausstellung der linken Popkultur verkommen lassen. Ein bisschen mehr (weniger) hat er ja doch zu bieten. Z.B. die herrliche ikonografisierte Darstellung des Holger Meins im Knast (auch hier die gefühlten 5 Minuten die jeder Figur zugestanden werden - für Jesus reicht's aber noch). Moment. Das ist ja schon wieder Rekurrieren auf die Schauspieler. Aber was bleibt einem auch Anderes, wenn die Inszenierung sich an der Abarbeitung von historischen Plot Points aufhält, ohne überhaupt eine Dramaturgie zu entwickeln an der man sich orientieren könnte. 150 Minuten ohne roten Faden (kicher) muss man erstmal im Kopf zusammensetzen.
Muss man aber auch nicht. DER BAADER MEINHOF KOMPLEX ist nutzloses, vor allem auch seelenloses Collagenkino mit behauptetem Pep (daher schon auch Pop). Da gab es zwar schon Schlimmeres, mit Blick auf die Kommerzialisierungsstrategien ist diese Pseudo-Aufarbeitung aber doch schon ein gehöriges Ärgernis.
   

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