Montag, 27. Oktober 2008

Blindness

Fernando Mereilles, Kanada/Brasilien/Japan 2008

Anarchie ist ein Zustand auf den die Welt noch wartet. Eine noch nicht durchgeführte Ideologie. Wobei: Zeigt die Finanzkrise nicht gerade an, dass es da einen Zwischenraum für Anarchie gab und gibt? Dummerweise einen weltumfassenden, lebensbestimmenden?

Was nun passieren würde, wenn eine amerikanische Großstadt von heute auf morgen in den Anarchozustand geraten täte, zeigt die Verfilmung von José Smaragos Romanvorlage Blindness. Alle Menschen infizieren sich und werden blind, Quarantänestationen werden eingerichtet und Gruppen rotten sich zusammen. Was auf der Strecke bleibt bei dem Spass ist die Menschlichkeit.

Tatsächlich fokussiert sich der Film auf die sich ergebenden Sozialdynamiken. Arschlöcher übernehmen das Ruder, es kommt im hermetisch abgeschlossenen Trakt zu Unterdrückung, Vergewaltigungen, Progromen, Mord. Auch die Politik ist überfordert und weiß sich außer mit dem Wegschließen der Kranken auch nicht zu behelfen. Hurtig einberufene Kongresse zur Problemlösung bringen soviel wie die Klima-Gipfeltreffen der Realität. Die betroffenen Menschen schwimmen währenddessen in ihrer eigenen Scheiße.

Amerika holt sich die menschlichen Katastrophen ins Haus, so sieht es zumindest aus. Bei vollkommener Orientierungslosigkeit zerfällt der Mensch ohne seinen wichtigsten Sinn. Das wäre die weiter gefasste Idee. In jedem Fall bietet Blindness neben seiner perfekt zugeschnittenen Optik eine ganze Menge Diskursfläche, protzt durch das Milchglas zwar hochtrabend emotional, ist aber dennoch aufs Detail der Dystopie schielend.

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