Donnerstag, 5. Februar 2009

Fantasy Film Fest 2008 # 2

Wenn sich das Fantasy Film Fest noch immer als vornehmliches Genrefestival versteht, dann erwartet man allerdings auch den einen oder anderen wirklich anständigen Beitrag vor die Augen zu bekommen. So ganz Aussieben lässt sich bei 70 Filmen der Schrott ja nie, aber umso größer ist die Freude, wenn dann mal wieder eine kleine Perle reinster Genreliebe an Bord ist. In 100 FEET spielt Famke Janssen eine frisch frei gekommene Frau, die eine Weile im Knast saß, weil sie ihren brutalen Cop-Ex-Mann umbrachte. Der trachtet ihr im alten Ehe-aka-Spuk-Haus nach dem Leben und dumm nur dass sie die Auflage hat sich nicht weiter als 100 Feet von eben diesem zu entfernen. Neben dieser Panic Room meets Geisterhaus-Geschichte ist 100 Feet auch ein großes Stück Geschichte über Trauma und Traumabewältigung. Die erste Einstellung gleitet alsdann von einem Riesenfriedhof zur New Yorker Skyline, selbstredend ohne die beiden Türme. Da heutzutage kaum mehr ein Film ohne eine starke Frauenfigur auskommt, sehen wir Milf Janssen kämpfen ("This is my house!"), sich ein Post-Noirsches Spielchen mit dem Ex-Partner ihres getöteten Ehemanns Bobby Cannavale liefern und als "next step in life" den Nachbarsjungen verführen. Dessen Todeskampf mit dem gehörnten Geist des Hauses gehört auch zum Eindrucksvollsten und Brutalsten, was ich dieses Jahr auf der Leinwand zu sehen bekam. Das feurige Ende von Eric Reds Grusel-Mix ist dann zwar etwas over the top, aber das stört nicht mehr nach 100 Minuten bester Unterhaltung.

+++

100 Feet sollte man sich beim diesjährigen Festival auch nicht vom Gelände wagen, denn was einen da hinter dem Kinopalast erwartete war der passende Grusel zum im Kino dargebotenen. Überall existieren ja die "urban legends" über die Wäldchen, in welchen Homosexuelle sich wortlos und zumeist unverabredet zum rein körperlichen Liebesakt treffen. Ich nun meinerseits gehe in den Pausen zwischen den Filmen gerne ein wenig frische Luft schnappen und da ist der Park hinterm Kino geradezu perfekt geeignet. So kam es dann auch, wie es kommen muss und ich konnte interessanten Schauspielen beiwohnen. Nicht falsch verstehen, man lasse jedem seine schmutzigen kleinen Geheimnisse. Nur, umso häufiger und umso länger man dort sitzt, desto größer die Wahrscheinlichkeit ungewollt bald selbst Teil der Vorgeplänkel zu werden. Raus in den Busch, rein in den Busch, wieder raus und nochmal gucken ob der junge Mann auf der Parkbank (moi) nicht doch mit in den Busch will. Höhepunkt war dann ein älterer Herr, der es schaffte innerhalb von 5 Minuten acht Mal an meiner Bank vorbei zu gehen mit klaffend großen, geifernd gaffenden Augen. Erst ein "Nee, danke" meinerseits konnte die Szene dann auflösen. [CDU-Modus on]Nicht mal im Park hat man mehr seine Ruhe vor diesen Gestalten[CDU-Modus off]

+++

Ein weiterer von mir mit freundlichem Lächeln bedachter Zeitgenosse war der Opener EDEN LAKE, der das Festival zugleich gebührend einleutete. Nachdem der Film von allen erdenklichen Seiten ja gebasht wurde, musste ich schon meine Stirn runzeln, die Verrisse allerorten konnte ich aber kaum nachvollziehen. James Watkins Backwood-Horror ist ein kleiner, äußerst pessimistischer Genrefreund, der das in England aktuelle Thema der Jugendgewalt thematisiert und gleichzeitig die Frage aufwirft, wer denn hier Angst hat vorm "white trash". Anstatt nun aber die bösen Kids gegen die guten Urbanistas abzugrenzen, greifen diese - ganz dem klassischen Revenge-Motiv - selbst zur Brutalität als Gegenmittel. Tier bleibt eben Tier und die zivilisatorischen Errungenschaften bleiben auf der Strecke. England bleibt sprichwörtlich im Reifen stecken und wird von überbordendender Gruppenaggression zunichte gemacht - das schwächste Glied in der Gruppe der Jungs wird von diesen mit Benzin übergossen und verbrennt. Unter dem tierischen Schild der Aggression strukturieren sich Hierarchien. Wie bei 100 Feet braucht es dann hier auch die starke Post-Feministin, die ihren im angriffslustigen Akt für das Desaster verantwortlichen Mann blutig verteidigt. Das Ende ist dann nochmal ein brachial-pessimistischer Draufhauer und lässt auch die 20 Liebeskitsch-Minuten aus dem Mittelteil vergessen, welche den Film kurzzeitig aus der Bahn geworfen haben.

+++

Und noch ein Genrefilm der stärkeren Sorte: THE STRANGERS ist ein Terrorfilm par exellence. Pärchen wird im Haus von drei maskierten Unbekannten beobachtet und dann gemächlich nach und nach verängstigt. Feinstes Affektkino, in welchem nach sich Zeit nehmendem Spannungsaufbau der Hammer vollends zuschlägt. Bryan Bertinos Film lotet geschickt sein Raumgefüge (Haus, Vorhof, Wald) aus und spielt mit der nötigen Eleganz aus Zeigen und Nicht-Zeigen mit den Unsicherheiten seines Publikums. Affektkino, die Zweite - HUSH - Ein ebenso gelungener Genrevertreter wie The Strangers mit den gleichen Schwächen, über die man hinwegblicken muss. Eine kleine - leicht Dueleske - Abhandlung über menschlichen Egoismus, die gegen Ende aber nicht vertieft wird. Wird den Erwartungen aber durchaus gerecht.

Keine Kommentare: