Australia
Edelkitsch auf großer Leinwand, erzreaktionär, hoch banal, ein Ärgernis wie jeder Film von Luhrmann.
Saw V
pure Nummernrevue in billigster Videoclipästhetik, die jede Dramaturgie und Figurengestaltung im Ansatz zunichte machen. Vorläufiger Tiefpunkt der Serie.
Náufragos - Stranded
Low-Fi-Science-Fiction ohne Esprit.
Rofuto - Loft
Atmosphärischer J-Horror. Für einen Kurosawa aber eine herbe Enttäuschung.
The Boss of it All
Van Triers neoliberale Büroanordnung. Furchtbar Fremdschamschau. Bei humorvollem Umgang mit dem Thema empfehle ich aber doch eher The Office.
Transporter 3
Kinetisches Körperkino, dynamisch, rund, seinem Genre verpflichtet.
Pride and Glory - Das Gesetz der Ehre
Schmutziges Copdrama um Familienbande und Loyalität, Ehre und Moral.
Religulous
Neu-Michael Moore Bill Maher auf Kirchenbashing-Trip. Ebenso polemisch wie unterhaltsam, als auch überflüssig.
Haider lebt! - 1.April 2021
Abgestandene Ösi-Satire, die nicht über ihr pseudo-provokantes Anliegen hinaus kommt.
Zombie Holocaust - Zombies unter Kannibalen
Schöner Splatterreigen, voll mit schiefem Humor und blutigem Allerlei.
Samstag, 28. Februar 2009
Freitag, 27. Februar 2009
Fantasy Film Fest 2008 # 4
Was gibt es Schöneres als eine bitter-böse Sozialdystopie auf einem stets dem fiesen Grinsen verschriebenen Festival wie diesem?! Der Däne How to get Rid of the Others bleibt nur im allerätzendsten Sarkasmus erträglich. Der rotzfreche Roundhousekick spielt die Stammtischparolen durch und erstellt ein Szenario, in welchem die BILD nichts mehr zu schreiben hätte, würden ihre Empörungen doch standesgemäß Konsequenzen nach sich führen: Sozialschmarotzer und solche, als welche die Masse der Gesellschaft sie brandmarkt (Behinderte, Alkis, Künstler) werden in Schulgebäude interniert und per Schnellprozess zum Tode verurteilt, so sie denn den Staat mehr kosten, als sie ihm einbringen. Schluss mit dem Gerede, jetzt unternimmt der Staat mithilfe seines Militärs endlich einmal etwas. Anders Rønnow Klarlund schaffte in seinem zwischen Zynismus und Erschrecken pendelndem Werk den vermutlich schockierensten Film des ganzen Festivals. Rezeptionstechnisch immer wieder interessant zu beobachten, wie das Publikum herausgefordert wird, und solch einem ehrlichen Werk nicht standhalten kann, seine innere Unruhe bekämpft, indem es viel zu häufig in selbstberuhigendes Gelächter ausbricht. Dem monströsen Screenplay, welches den Grundgedanken ideenreich ausformuliert, lasten ein paar Fussel an, Spielereien, Komödiantisches, Überzogenes. Nichtsdestotrotz findet sich in How to get Rid of the Others eine politisches, durchaus sehr ernst gemeintes Anliegen, welches eine größere Bühne verdient hätte.
Was gibt es Schöneres als einen kitschigen Liebesfilm auf einem vornehmlich dem Nerdtum verschrieben Festival wie diesem?! Der belgisch-niederländische Blind erzählt ein Märchen über 2 Außenseiter, die zueinander finden und sich doch über gesellschaftliche Barrieren, Normvorstellungen und das eigene niedrige Selbstwertgefühl hinwegsetzen müssen, um zu ihrem eigentlich so einfachen Ziel zu gelangen. Ruben ist blind und wird von der Albino Marie als Hausmädchen gehütet. Als er nach einer Augenoperation wieder sehen kann, flüchtet Marie aus Angst nun die Liebe zu verlieren. Das Selbstzerstörerische, was dieser altmodischen, farbentfilterten und schneeweißen, tieftraurigen und von Regieneuling Tamar van den Dop virtuos inszenierten Geschichte innewohnt ist kaum auszuhalten. Voll poetischer Nostalgie rauscht der Film dank seiner grandiosen Optik, dem Score und den starken Darstellerleistungen beinahe leise und bedächtig an einem vorbei. Wieder so ein Fall von Aufmerksamkeitsmangel der größeren Festivals, wieder muss man einen lauten Seufzer ausstoßen.
Was gibt es Schöneres als eine als Vampirfilm deklarierte einfache und romantische Coming-of-Age-Geschichte auf so einem nach Monstern und Mythen schreienden Festival?! Der inzwischen allseits bekannte Schwede Let the Right One In erzählt - ähnlich dem oben erwähnten Blind - eine Geschichte von 2 Außenseitern, die in einer feindlichen Umgebung zueinander finden. Oskar ist ein Verstoßener von allen Seiten (geschiedene Eltern, Schulstress, drangsalierende Mitschüler) und Eli braucht trotz humanistischem Profil Blut, dass ihr gealterter Liebhaber (hier nun Vaterersatz) als sich Aufopfernder heran schafft. Die Spannung des sehr leisen, ebenfalls in nüchternen, unterkühlten Bildern eingefangenen Tragiestücks ergibt sich aus den Überlegungen über die Konsequenzen: Was für eine Zukunft hat diese aufblühende Zuneigung zwischen den beiden Kindern? Mit diesem stets über der Geschichte lauernden Gedanken wirkt Let the Right One In wie der große, ernste Bruder von Blind.
+++
Was gibt es Schöneres als einen kitschigen Liebesfilm auf einem vornehmlich dem Nerdtum verschrieben Festival wie diesem?! Der belgisch-niederländische Blind erzählt ein Märchen über 2 Außenseiter, die zueinander finden und sich doch über gesellschaftliche Barrieren, Normvorstellungen und das eigene niedrige Selbstwertgefühl hinwegsetzen müssen, um zu ihrem eigentlich so einfachen Ziel zu gelangen. Ruben ist blind und wird von der Albino Marie als Hausmädchen gehütet. Als er nach einer Augenoperation wieder sehen kann, flüchtet Marie aus Angst nun die Liebe zu verlieren. Das Selbstzerstörerische, was dieser altmodischen, farbentfilterten und schneeweißen, tieftraurigen und von Regieneuling Tamar van den Dop virtuos inszenierten Geschichte innewohnt ist kaum auszuhalten. Voll poetischer Nostalgie rauscht der Film dank seiner grandiosen Optik, dem Score und den starken Darstellerleistungen beinahe leise und bedächtig an einem vorbei. Wieder so ein Fall von Aufmerksamkeitsmangel der größeren Festivals, wieder muss man einen lauten Seufzer ausstoßen.
+++
Was gibt es Schöneres als eine als Vampirfilm deklarierte einfache und romantische Coming-of-Age-Geschichte auf so einem nach Monstern und Mythen schreienden Festival?! Der inzwischen allseits bekannte Schwede Let the Right One In erzählt - ähnlich dem oben erwähnten Blind - eine Geschichte von 2 Außenseitern, die in einer feindlichen Umgebung zueinander finden. Oskar ist ein Verstoßener von allen Seiten (geschiedene Eltern, Schulstress, drangsalierende Mitschüler) und Eli braucht trotz humanistischem Profil Blut, dass ihr gealterter Liebhaber (hier nun Vaterersatz) als sich Aufopfernder heran schafft. Die Spannung des sehr leisen, ebenfalls in nüchternen, unterkühlten Bildern eingefangenen Tragiestücks ergibt sich aus den Überlegungen über die Konsequenzen: Was für eine Zukunft hat diese aufblühende Zuneigung zwischen den beiden Kindern? Mit diesem stets über der Geschichte lauernden Gedanken wirkt Let the Right One In wie der große, ernste Bruder von Blind.
Freitag, 6. Februar 2009
Fantasy Film Fest 2008 # 3
Talking about Trash: Wenig Gutes gab es da zu berichten. Gefallen hat der überschwenglich-überbordende 36 PASOS aus Argentinien. Ein Low-Budget-Digital-Sonnengemüt, dass zwischen funktionsuntüchtigem Slasher, blendend gelaunter Daily Soap und Softsexsatire seinen ganz eigenen Weg geht. Nichts als ungewollter Trash war für meine Begriffe auch der zweite Opener des Festivals in meiner Stadt AN EMPRESS AND THE WARRIORS. Der Chinese ist ein hochkitschiger, pathetischer Low-Budget-Hochglanz, der die ewige Liebe, Heldenverehrung und Stolz herausstellt und dabei primitiv zwischen kinderfreundlichem Familienfilm, Bollywoodkitsch und Hollywoodpopanz tänzelt, dass es vor unfreiwilliger Komik nur so spritzt.Ein ganz unorigineller Versuch das zu toppen machte IT'S ALIVE, ein furchtbar biederer und lahmer Fötenhorror, der nach 70 Minuten Langeweile - wohl vor allem aus eigenem Unvermögen - erst entscheidet trashig zu werden. Na dann, Prost Mahlzeit. Einer, der es da schon ernster meint mit seinem Spassfaktor ist DANCE OF THE DEAD, Kinderquatsch mit Michael für die Nachtschiene, in Ironie getunktes Klischeetheater. In die gleiche Richtung streckt sich der Niveau-Bungee-Athlet THE RAGE. Und dann noch Grütze ohne Geschmack: LADY BLOOD, furchbarer mit Gore versetzter Krimi auf Tatort-Niveau. Kommt davon, wenn man einen Film einlädt, den das Festival selbst vorher nicht gesehen hat.
Kommen wir zum gehobenen Trash. JACK BROOKS: MONSTER SLAYER. Durchaus mit anzusehen, wie die Monster im Schulflur zur Strecke gebracht werden. Hat immerhin keinen "Haha"-Anspruch, den er dann nicht einlösen kann, sondern will nicht mehr sein als nette Actionunterhaltung. MY NAME IS BRUCE - Naja, vielleicht noch so ein wenig rustikaler Charme, aber eigentlich leider nur ein laues Lüftchen. Der andere Selbstreferenzo, von dem das ganze Festival sprach und der dann final auch den Fresh Blood Award mit nahm: J.C.V.D natürlich. Jean-Claude van Damme im Dickicht seines eigenen Mythos. Präsentiert und einen nicht so ganz stimmigen Mix aus Gaunerkomödie und selbstreferentiellem Trockenhumor, wobei Zweiteres funktioniert und den Film goutierbar macht. Van Dammes improvisierter Monolog in der Mitte des Films kann in seiner offensichtlichen Ehrlichkeit sowohl als lächerlich oder auch aufrichtig gesehen werden. Aber doch lieber positiv besetzten das Ganze. Haben sie sich verdient, unsere Muscles from Brussels.
2 Filme außer Trashkonkurrenz: Dario Argentos MOTHER OF TEARS Meinte ich der Monster Slayer wäre der beste Trash des Festivals? Falsch, natürlich ist Argentos okkulter Kindergrusel noch amüsanter. Höhepunkt: Udo Kier als der Geistliche Johannes. Hab zugunsten einer etwas günstigeren Nahverkehrsanbindung dennoch auf die letzten 20 Minuten verzichtet. Sorry, Dario! bis dahin aber schon unvergleichlich. Dem obszönen Assi-Brett MUM & DAD hingegen fieberte ich wild entgegen und wurde enttäuscht. Leider zu uninspirierte Umsetzung eines Themas aus dem man mehr hätte machen müssen. Manchmal einfach nur auf billigen Effekt (=Ekel) setzend, versuchen die Macher sich an einer Satire - ein Vorhaben, welches nur streckenweise gelingt - und befördern damit auch die Distanz zwischen Figuren und Zuschauer. Am Ende bleibt nicht mehr als der Eindruck eines bizarren Low-Budget-Meuchlers im Stile eines Neighborhood Watch vom FFF 06.
+++
Kommen wir zum gehobenen Trash. JACK BROOKS: MONSTER SLAYER. Durchaus mit anzusehen, wie die Monster im Schulflur zur Strecke gebracht werden. Hat immerhin keinen "Haha"-Anspruch, den er dann nicht einlösen kann, sondern will nicht mehr sein als nette Actionunterhaltung. MY NAME IS BRUCE - Naja, vielleicht noch so ein wenig rustikaler Charme, aber eigentlich leider nur ein laues Lüftchen. Der andere Selbstreferenzo, von dem das ganze Festival sprach und der dann final auch den Fresh Blood Award mit nahm: J.C.V.D natürlich. Jean-Claude van Damme im Dickicht seines eigenen Mythos. Präsentiert und einen nicht so ganz stimmigen Mix aus Gaunerkomödie und selbstreferentiellem Trockenhumor, wobei Zweiteres funktioniert und den Film goutierbar macht. Van Dammes improvisierter Monolog in der Mitte des Films kann in seiner offensichtlichen Ehrlichkeit sowohl als lächerlich oder auch aufrichtig gesehen werden. Aber doch lieber positiv besetzten das Ganze. Haben sie sich verdient, unsere Muscles from Brussels.
+++
2 Filme außer Trashkonkurrenz: Dario Argentos MOTHER OF TEARS Meinte ich der Monster Slayer wäre der beste Trash des Festivals? Falsch, natürlich ist Argentos okkulter Kindergrusel noch amüsanter. Höhepunkt: Udo Kier als der Geistliche Johannes. Hab zugunsten einer etwas günstigeren Nahverkehrsanbindung dennoch auf die letzten 20 Minuten verzichtet. Sorry, Dario! bis dahin aber schon unvergleichlich. Dem obszönen Assi-Brett MUM & DAD hingegen fieberte ich wild entgegen und wurde enttäuscht. Leider zu uninspirierte Umsetzung eines Themas aus dem man mehr hätte machen müssen. Manchmal einfach nur auf billigen Effekt (=Ekel) setzend, versuchen die Macher sich an einer Satire - ein Vorhaben, welches nur streckenweise gelingt - und befördern damit auch die Distanz zwischen Figuren und Zuschauer. Am Ende bleibt nicht mehr als der Eindruck eines bizarren Low-Budget-Meuchlers im Stile eines Neighborhood Watch vom FFF 06.
Donnerstag, 5. Februar 2009
Fantasy Film Fest 2008 # 2
Wenn sich das Fantasy Film Fest noch immer als vornehmliches Genrefestival versteht, dann erwartet man allerdings auch den einen oder anderen wirklich anständigen Beitrag vor die Augen zu bekommen. So ganz Aussieben lässt sich bei 70 Filmen der Schrott ja nie, aber umso größer ist die Freude, wenn dann mal wieder eine kleine Perle reinster Genreliebe an Bord ist. In 100 FEET spielt Famke Janssen eine frisch frei gekommene Frau, die eine Weile im Knast saß, weil sie ihren brutalen Cop-Ex-Mann umbrachte. Der trachtet ihr im alten Ehe-aka-Spuk-Haus nach dem Leben und dumm nur dass sie die Auflage hat sich nicht weiter als 100 Feet von eben diesem zu entfernen. Neben dieser Panic Room meets Geisterhaus-Geschichte ist 100 Feet auch ein großes Stück Geschichte über Trauma und Traumabewältigung. Die erste Einstellung gleitet alsdann von einem Riesenfriedhof zur New Yorker Skyline, selbstredend ohne die beiden Türme. Da heutzutage kaum mehr ein Film ohne eine starke Frauenfigur auskommt, sehen wir Milf Janssen kämpfen ("This is my house!"), sich ein Post-Noirsches Spielchen mit dem Ex-Partner ihres getöteten Ehemanns Bobby Cannavale liefern und als "next step in life" den Nachbarsjungen verführen. Dessen Todeskampf mit dem gehörnten Geist des Hauses gehört auch zum Eindrucksvollsten und Brutalsten, was ich dieses Jahr auf der Leinwand zu sehen bekam. Das feurige Ende von Eric Reds Grusel-Mix ist dann zwar etwas over the top, aber das stört nicht mehr nach 100 Minuten bester Unterhaltung.
100 Feet sollte man sich beim diesjährigen Festival auch nicht vom Gelände wagen, denn was einen da hinter dem Kinopalast erwartete war der passende Grusel zum im Kino dargebotenen. Überall existieren ja die "urban legends" über die Wäldchen, in welchen Homosexuelle sich wortlos und zumeist unverabredet zum rein körperlichen Liebesakt treffen. Ich nun meinerseits gehe in den Pausen zwischen den Filmen gerne ein wenig frische Luft schnappen und da ist der Park hinterm Kino geradezu perfekt geeignet. So kam es dann auch, wie es kommen muss und ich konnte interessanten Schauspielen beiwohnen. Nicht falsch verstehen, man lasse jedem seine schmutzigen kleinen Geheimnisse. Nur, umso häufiger und umso länger man dort sitzt, desto größer die Wahrscheinlichkeit ungewollt bald selbst Teil der Vorgeplänkel zu werden. Raus in den Busch, rein in den Busch, wieder raus und nochmal gucken ob der junge Mann auf der Parkbank (moi) nicht doch mit in den Busch will. Höhepunkt war dann ein älterer Herr, der es schaffte innerhalb von 5 Minuten acht Mal an meiner Bank vorbei zu gehen mit klaffend großen, geifernd gaffenden Augen. Erst ein "Nee, danke" meinerseits konnte die Szene dann auflösen. [CDU-Modus on]Nicht mal im Park hat man mehr seine Ruhe vor diesen Gestalten[CDU-Modus off]
Ein weiterer von mir mit freundlichem Lächeln bedachter Zeitgenosse war der Opener EDEN LAKE, der das Festival zugleich gebührend einleutete. Nachdem der Film von allen erdenklichen Seiten ja gebasht wurde, musste ich schon meine Stirn runzeln, die Verrisse allerorten konnte ich aber kaum nachvollziehen. James Watkins Backwood-Horror ist ein kleiner, äußerst pessimistischer Genrefreund, der das in England aktuelle Thema der Jugendgewalt thematisiert und gleichzeitig die Frage aufwirft, wer denn hier Angst hat vorm "white trash". Anstatt nun aber die bösen Kids gegen die guten Urbanistas abzugrenzen, greifen diese - ganz dem klassischen Revenge-Motiv - selbst zur Brutalität als Gegenmittel. Tier bleibt eben Tier und die zivilisatorischen Errungenschaften bleiben auf der Strecke. England bleibt sprichwörtlich im Reifen stecken und wird von überbordendender Gruppenaggression zunichte gemacht - das schwächste Glied in der Gruppe der Jungs wird von diesen mit Benzin übergossen und verbrennt. Unter dem tierischen Schild der Aggression strukturieren sich Hierarchien. Wie bei 100 Feet braucht es dann hier auch die starke Post-Feministin, die ihren im angriffslustigen Akt für das Desaster verantwortlichen Mann blutig verteidigt. Das Ende ist dann nochmal ein brachial-pessimistischer Draufhauer und lässt auch die 20 Liebeskitsch-Minuten aus dem Mittelteil vergessen, welche den Film kurzzeitig aus der Bahn geworfen haben.
Und noch ein Genrefilm der stärkeren Sorte: THE STRANGERS ist ein Terrorfilm par exellence. Pärchen wird im Haus von drei maskierten Unbekannten beobachtet und dann gemächlich nach und nach verängstigt. Feinstes Affektkino, in welchem nach sich Zeit nehmendem Spannungsaufbau der Hammer vollends zuschlägt. Bryan Bertinos Film lotet geschickt sein Raumgefüge (Haus, Vorhof, Wald) aus und spielt mit der nötigen Eleganz aus Zeigen und Nicht-Zeigen mit den Unsicherheiten seines Publikums. Affektkino, die Zweite - HUSH - Ein ebenso gelungener Genrevertreter wie The Strangers mit den gleichen Schwächen, über die man hinwegblicken muss. Eine kleine - leicht Dueleske - Abhandlung über menschlichen Egoismus, die gegen Ende aber nicht vertieft wird. Wird den Erwartungen aber durchaus gerecht.
+++
100 Feet sollte man sich beim diesjährigen Festival auch nicht vom Gelände wagen, denn was einen da hinter dem Kinopalast erwartete war der passende Grusel zum im Kino dargebotenen. Überall existieren ja die "urban legends" über die Wäldchen, in welchen Homosexuelle sich wortlos und zumeist unverabredet zum rein körperlichen Liebesakt treffen. Ich nun meinerseits gehe in den Pausen zwischen den Filmen gerne ein wenig frische Luft schnappen und da ist der Park hinterm Kino geradezu perfekt geeignet. So kam es dann auch, wie es kommen muss und ich konnte interessanten Schauspielen beiwohnen. Nicht falsch verstehen, man lasse jedem seine schmutzigen kleinen Geheimnisse. Nur, umso häufiger und umso länger man dort sitzt, desto größer die Wahrscheinlichkeit ungewollt bald selbst Teil der Vorgeplänkel zu werden. Raus in den Busch, rein in den Busch, wieder raus und nochmal gucken ob der junge Mann auf der Parkbank (moi) nicht doch mit in den Busch will. Höhepunkt war dann ein älterer Herr, der es schaffte innerhalb von 5 Minuten acht Mal an meiner Bank vorbei zu gehen mit klaffend großen, geifernd gaffenden Augen. Erst ein "Nee, danke" meinerseits konnte die Szene dann auflösen. [CDU-Modus on]Nicht mal im Park hat man mehr seine Ruhe vor diesen Gestalten[CDU-Modus off]
+++
Ein weiterer von mir mit freundlichem Lächeln bedachter Zeitgenosse war der Opener EDEN LAKE, der das Festival zugleich gebührend einleutete. Nachdem der Film von allen erdenklichen Seiten ja gebasht wurde, musste ich schon meine Stirn runzeln, die Verrisse allerorten konnte ich aber kaum nachvollziehen. James Watkins Backwood-Horror ist ein kleiner, äußerst pessimistischer Genrefreund, der das in England aktuelle Thema der Jugendgewalt thematisiert und gleichzeitig die Frage aufwirft, wer denn hier Angst hat vorm "white trash". Anstatt nun aber die bösen Kids gegen die guten Urbanistas abzugrenzen, greifen diese - ganz dem klassischen Revenge-Motiv - selbst zur Brutalität als Gegenmittel. Tier bleibt eben Tier und die zivilisatorischen Errungenschaften bleiben auf der Strecke. England bleibt sprichwörtlich im Reifen stecken und wird von überbordendender Gruppenaggression zunichte gemacht - das schwächste Glied in der Gruppe der Jungs wird von diesen mit Benzin übergossen und verbrennt. Unter dem tierischen Schild der Aggression strukturieren sich Hierarchien. Wie bei 100 Feet braucht es dann hier auch die starke Post-Feministin, die ihren im angriffslustigen Akt für das Desaster verantwortlichen Mann blutig verteidigt. Das Ende ist dann nochmal ein brachial-pessimistischer Draufhauer und lässt auch die 20 Liebeskitsch-Minuten aus dem Mittelteil vergessen, welche den Film kurzzeitig aus der Bahn geworfen haben.
+++
Und noch ein Genrefilm der stärkeren Sorte: THE STRANGERS ist ein Terrorfilm par exellence. Pärchen wird im Haus von drei maskierten Unbekannten beobachtet und dann gemächlich nach und nach verängstigt. Feinstes Affektkino, in welchem nach sich Zeit nehmendem Spannungsaufbau der Hammer vollends zuschlägt. Bryan Bertinos Film lotet geschickt sein Raumgefüge (Haus, Vorhof, Wald) aus und spielt mit der nötigen Eleganz aus Zeigen und Nicht-Zeigen mit den Unsicherheiten seines Publikums. Affektkino, die Zweite - HUSH - Ein ebenso gelungener Genrevertreter wie The Strangers mit den gleichen Schwächen, über die man hinwegblicken muss. Eine kleine - leicht Dueleske - Abhandlung über menschlichen Egoismus, die gegen Ende aber nicht vertieft wird. Wird den Erwartungen aber durchaus gerecht.
Mittwoch, 4. Februar 2009
Fantasy Film Fest 2008 # 1
Besser viel zu spät als nie. Eine kleine Nachbetrachtung des Fantasy Film Fests des letzten Jahres, denn 8 geschlagene Tage im Kino zu sitzen ohne daraus dann ein wenig Wortsalat zu basteln ist ja doch ein wenig unverschämt.
Ein dezenter Hinweis genügt - mancherlei Filme sah ich bereits im Vorfeld - Shiver und Transsiberian auf der Berlinale, The Art of Negative Thinking gesondert, Waltz with Bashir nun bereits ein zweites Mal.
Zur Waltz Sichtung auf dem Filmfest aber noch soviel: Ich hatte das grandiose Unglück hinter mir zwei höchst uninteressierte, filmapathische und unsensible Zeitgenossen im Rücken zu haben. Wer den Film kennt weiß ja, das die Endsequenzen Magengrubenschaufeln der heftigen Art sind. Wer diesen Bildern nun zynischst manipulative Wirkung zuschreibt oder sie gar den kompletten Film verneinen sieht, der würde damit wohl kein Problem gehabt haben - die beiden Herren hinter mir tauschten sich jedenfalls eifrigst über ihre Abendgestaltung und Zeitpläne aus und, obwohl ich ein Verfechter eines gelassenen Umgangs miteinander im Kinosaal bin (Böse Blicke bringen mich meist zum Schmunzeln), war das doch zuviel des Schlechten. Blöd nur, dass einem ja gerade die Spucke, als selbstverständlich auch die Worte wegbleiben in solch einem Moment.
Enttäuscht ist man in solchen Situationen vom Menschen an und für sich. Fragen drängen sich auf. Warum geht der Großteil des Volkes eigentlich ins Kino, wenn die Sensibilität für Kunst gleich null ist? Kino gilt heutzutage als Beschäftigungsangebot gleich neben ins Freibad gehen und Eis essen. Jeder tut's. Schön ist das, und doch befremdlich, weil so viele Laien hineinströmen in die Säle und irgendwie stets "einen anderen Film schieben" als derjenige, der dort gezeigt wird. Oder irgendwie nur verdutzt sind und mehr als den Inhalt und ein "irgendwie interessant" dazu nicht abgeben können. Zu Hause wartet ja auch wieder der Abwasch und der Film ist schneller vergessen als politische Missetaten von hochrangigen Amtsträgern.
Aber glücklicherweise gibt's ja auch Ausnahmen. José aus Mexiko ist eigentlich Informatiker und gibt seine gesamte Freizeit und das gut verdiente Geld für Filme und Kino aus. Wir schauen gemeinsam den Midnight Meat Train. Ein Film, wie er auf dieses Festival gehört. In schicker Videoclipästhetik ("Jeder shot ein Foto!") und Game-Optik verfolgt Butcher Vinnie Jones unseren Protagonisten, der sich als Fotograf seinem Objekt der Begierde annähert, und diese Tatsache am Ende auch den Trieb zur dunklen Seite überstrapazieren lässt. World's gonna mad. Und dem Individuum kann's ob seiner aggressiven, zivilisatorisch verdeckten Aura nur recht sein. Zuvor erstrahlt der Butcher im hellen Licht der kleinen Kamera. Als Mittelpunkt gefällt er sich, obwohl das Spiel für beide Seiten doch so gefährlich ist. Voyeurismus gehört eben zum menschlichen Geschäft. Auf der Strecke bleibt da nur die Liebe zum holden Weibe, dass es hier ausnahmsweise einmal nicht schafft den Mann in die heilere, warme Welt zurückzuführen. Stattdessen wird sie anal penetriert und am Ende umgebracht. That's life.
Ryûhei Kitamura inszeniert diese oldschoolig anmutenden Blutleckerei ziemlich postmodern, doch das trägt nur zur angenehmen Kurzweil bei. Der Film ist ein wirklich süßer Bastard und feinste Genrekost. Das konnte man von vielen anderen Slashern und Blutklauberern nicht sagen. Der amerikanische XII stellte sich beispielsweise als Rebell in Turnschuhen heraus. Billigste DV-Ästhetik und ein dramaturgisches Desaster auf dem Niveau einer Daily Soap. Auch der Minimal-Versuch Shuttle leidet an einer zerfahrenen Grundausstattung. Ein schmächtiger Busfahrer kidnapped 5 Jugendliche im Shuttlebus. Und die kommen da nicht frei? Das Ende und sein hübsches Anliegen retten den Film nicht mehr, machen ihn aber zur immerhin besseren DV-Kost. Und nochmal Australien: Dying Breed ist ein gradlinig haushaltender Backwood-Slasher. Immerhin keine "Ich zeig dir mal wie Low-Budget ich bin, Digger" Nummer. Dafür aber auch nicht wirklich inspirierend.
+++
Ein dezenter Hinweis genügt - mancherlei Filme sah ich bereits im Vorfeld - Shiver und Transsiberian auf der Berlinale, The Art of Negative Thinking gesondert, Waltz with Bashir nun bereits ein zweites Mal.
Zur Waltz Sichtung auf dem Filmfest aber noch soviel: Ich hatte das grandiose Unglück hinter mir zwei höchst uninteressierte, filmapathische und unsensible Zeitgenossen im Rücken zu haben. Wer den Film kennt weiß ja, das die Endsequenzen Magengrubenschaufeln der heftigen Art sind. Wer diesen Bildern nun zynischst manipulative Wirkung zuschreibt oder sie gar den kompletten Film verneinen sieht, der würde damit wohl kein Problem gehabt haben - die beiden Herren hinter mir tauschten sich jedenfalls eifrigst über ihre Abendgestaltung und Zeitpläne aus und, obwohl ich ein Verfechter eines gelassenen Umgangs miteinander im Kinosaal bin (Böse Blicke bringen mich meist zum Schmunzeln), war das doch zuviel des Schlechten. Blöd nur, dass einem ja gerade die Spucke, als selbstverständlich auch die Worte wegbleiben in solch einem Moment.
+++
Enttäuscht ist man in solchen Situationen vom Menschen an und für sich. Fragen drängen sich auf. Warum geht der Großteil des Volkes eigentlich ins Kino, wenn die Sensibilität für Kunst gleich null ist? Kino gilt heutzutage als Beschäftigungsangebot gleich neben ins Freibad gehen und Eis essen. Jeder tut's. Schön ist das, und doch befremdlich, weil so viele Laien hineinströmen in die Säle und irgendwie stets "einen anderen Film schieben" als derjenige, der dort gezeigt wird. Oder irgendwie nur verdutzt sind und mehr als den Inhalt und ein "irgendwie interessant" dazu nicht abgeben können. Zu Hause wartet ja auch wieder der Abwasch und der Film ist schneller vergessen als politische Missetaten von hochrangigen Amtsträgern.
+++
Aber glücklicherweise gibt's ja auch Ausnahmen. José aus Mexiko ist eigentlich Informatiker und gibt seine gesamte Freizeit und das gut verdiente Geld für Filme und Kino aus. Wir schauen gemeinsam den Midnight Meat Train. Ein Film, wie er auf dieses Festival gehört. In schicker Videoclipästhetik ("Jeder shot ein Foto!") und Game-Optik verfolgt Butcher Vinnie Jones unseren Protagonisten, der sich als Fotograf seinem Objekt der Begierde annähert, und diese Tatsache am Ende auch den Trieb zur dunklen Seite überstrapazieren lässt. World's gonna mad. Und dem Individuum kann's ob seiner aggressiven, zivilisatorisch verdeckten Aura nur recht sein. Zuvor erstrahlt der Butcher im hellen Licht der kleinen Kamera. Als Mittelpunkt gefällt er sich, obwohl das Spiel für beide Seiten doch so gefährlich ist. Voyeurismus gehört eben zum menschlichen Geschäft. Auf der Strecke bleibt da nur die Liebe zum holden Weibe, dass es hier ausnahmsweise einmal nicht schafft den Mann in die heilere, warme Welt zurückzuführen. Stattdessen wird sie anal penetriert und am Ende umgebracht. That's life.
+++
Ryûhei Kitamura inszeniert diese oldschoolig anmutenden Blutleckerei ziemlich postmodern, doch das trägt nur zur angenehmen Kurzweil bei. Der Film ist ein wirklich süßer Bastard und feinste Genrekost. Das konnte man von vielen anderen Slashern und Blutklauberern nicht sagen. Der amerikanische XII stellte sich beispielsweise als Rebell in Turnschuhen heraus. Billigste DV-Ästhetik und ein dramaturgisches Desaster auf dem Niveau einer Daily Soap. Auch der Minimal-Versuch Shuttle leidet an einer zerfahrenen Grundausstattung. Ein schmächtiger Busfahrer kidnapped 5 Jugendliche im Shuttlebus. Und die kommen da nicht frei? Das Ende und sein hübsches Anliegen retten den Film nicht mehr, machen ihn aber zur immerhin besseren DV-Kost. Und nochmal Australien: Dying Breed ist ein gradlinig haushaltender Backwood-Slasher. Immerhin keine "Ich zeig dir mal wie Low-Budget ich bin, Digger" Nummer. Dafür aber auch nicht wirklich inspirierend.
Dienstag, 3. Februar 2009
Rachel Getting Married
Jonathan Demme, USA 2008
Sie gilt als abgeschlossen und wurde gar eifrigst auf einer Pressekonferenz anno 2005 im großen Stil verabschiedet - die Dogma 95 Bewegung. Aber kann solch eine Bewegung einfach so als historische Epoche abgesteckt werden? Fakt ist, dass die Dogma-Bewegung einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat in der Filmlandschaft. Auch heute noch lässt sich das ablesen. Bestenfalls in wirklich guten Filmen.
RACHEL GETTING MARRIED ist solch ein Glücksfall. Der Film erzählt von einer hoch dysfunktionalen Familie in einer klischeefreien Authentizität, das es beinahe beängstigend ist. Mit der Kamera auf der Schulter schmeißt sich das Team in ein Getümmel aus Lebensfreude und Depression, aus in den Gesichtern der Figuren arbeitenden Vergangenheiten und Gegenwarten voller gemischter Gefühle. Kym (Anne Hathaway) kommt aus der Entzugsklinik um der Hochzeit ihrer Schwester Rachel (Rosemarie DeWitt) beiwohnen zu können. Hier nun, auf der Hochzeit, verweilen wir mit den Protagonisten. Rachel heiratet einen Afroamerikaner, die beiden Familien verstehen sich blendend, wenngleich es Risse in Kyms Familie gibt.
Diese Hochzeitsfeier gerät also zum Mittelpunkt. Das Zelebrieren dieses einen besonderen - in diesem Fall auch betont multikulturellen - Moments macht die eine Seite des Films aus. Es wird getanzt, gelacht, gescherzt, das Leben genossen. Die unmittelbare Hineingeworfenheit ins Geschehen, dieses ganz offensichtlich familiäre Zusammenkommen der Filmcrew, die Szenen in denen man sich einfach fühlt als sei man bei einem Hi8 Filmabend dabei und schaue sich mit seinen Freunden nochmal die alten Hochzeitsvideos an, die Momente in denen der Film los lässt und bei minutenlangen Musikszenen verweilt - dieser vermeintlich kleine Film vermittelt eine Lebensfreude, dass man beinahe wehmütig werden könnte.
Und dann gibt es dieses andere Gesicht. Kym ist - wie viele Figuren in dem Stück, man schaue nur auf den sorgenden Vater und die kühle Mutter - eine höchst ambivalente Figur. Sie nimmt uns an die Hand und ist die zentrale Bezugsperson für uns. Doch dann bemerken wir ihre Fragilität, spüren ihre unglaubliche Egozentriertheit und befinden uns im Dilemma an sie ja gebunden zu sein. Glücklicherweise weiß sich die Kamera auch mal zu lösen (siehe oben), und doch bleibt die Hathaway die tragische Figur im Stück. Bemitleidenswert. Nervig. Fremdscham herauskitzelnd. Unsympathisch. Sympathisch. Ein Meisterstück an Schauspielerei.
Der Film hält uns eindrucksvoll vor Augen wie einmalig und zerbrechlich zugleich unsere abgesteckten Lebensmomente sind. Wie dicht Freud und Leid beieinander liegen, wie sie koexistieren müssen. Zwischen den Freudentränen und denen des Schmerzes liegen Momente, so dicht ist das Leben in dieser engen Zeitspanne. RACHEL GETTING MARRIED erzählt wie im Nebenher von Seelenzuständen, von psychologischen Beschaffenheiten, von Beziehungskonstellationen, die unmittelbare Auswirkungen auf Identitätsentwicklungen haben, deren Ergebnis wir nun hier präsentiert bekommen. Dieses Hochzeitsbankett ist zugleich eine Ode an die Lebenslust als auch ein tieftrauriger Blick auf menschliches Miteinander.
Sie gilt als abgeschlossen und wurde gar eifrigst auf einer Pressekonferenz anno 2005 im großen Stil verabschiedet - die Dogma 95 Bewegung. Aber kann solch eine Bewegung einfach so als historische Epoche abgesteckt werden? Fakt ist, dass die Dogma-Bewegung einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat in der Filmlandschaft. Auch heute noch lässt sich das ablesen. Bestenfalls in wirklich guten Filmen.
RACHEL GETTING MARRIED ist solch ein Glücksfall. Der Film erzählt von einer hoch dysfunktionalen Familie in einer klischeefreien Authentizität, das es beinahe beängstigend ist. Mit der Kamera auf der Schulter schmeißt sich das Team in ein Getümmel aus Lebensfreude und Depression, aus in den Gesichtern der Figuren arbeitenden Vergangenheiten und Gegenwarten voller gemischter Gefühle. Kym (Anne Hathaway) kommt aus der Entzugsklinik um der Hochzeit ihrer Schwester Rachel (Rosemarie DeWitt) beiwohnen zu können. Hier nun, auf der Hochzeit, verweilen wir mit den Protagonisten. Rachel heiratet einen Afroamerikaner, die beiden Familien verstehen sich blendend, wenngleich es Risse in Kyms Familie gibt.
Diese Hochzeitsfeier gerät also zum Mittelpunkt. Das Zelebrieren dieses einen besonderen - in diesem Fall auch betont multikulturellen - Moments macht die eine Seite des Films aus. Es wird getanzt, gelacht, gescherzt, das Leben genossen. Die unmittelbare Hineingeworfenheit ins Geschehen, dieses ganz offensichtlich familiäre Zusammenkommen der Filmcrew, die Szenen in denen man sich einfach fühlt als sei man bei einem Hi8 Filmabend dabei und schaue sich mit seinen Freunden nochmal die alten Hochzeitsvideos an, die Momente in denen der Film los lässt und bei minutenlangen Musikszenen verweilt - dieser vermeintlich kleine Film vermittelt eine Lebensfreude, dass man beinahe wehmütig werden könnte.
Und dann gibt es dieses andere Gesicht. Kym ist - wie viele Figuren in dem Stück, man schaue nur auf den sorgenden Vater und die kühle Mutter - eine höchst ambivalente Figur. Sie nimmt uns an die Hand und ist die zentrale Bezugsperson für uns. Doch dann bemerken wir ihre Fragilität, spüren ihre unglaubliche Egozentriertheit und befinden uns im Dilemma an sie ja gebunden zu sein. Glücklicherweise weiß sich die Kamera auch mal zu lösen (siehe oben), und doch bleibt die Hathaway die tragische Figur im Stück. Bemitleidenswert. Nervig. Fremdscham herauskitzelnd. Unsympathisch. Sympathisch. Ein Meisterstück an Schauspielerei.
Der Film hält uns eindrucksvoll vor Augen wie einmalig und zerbrechlich zugleich unsere abgesteckten Lebensmomente sind. Wie dicht Freud und Leid beieinander liegen, wie sie koexistieren müssen. Zwischen den Freudentränen und denen des Schmerzes liegen Momente, so dicht ist das Leben in dieser engen Zeitspanne. RACHEL GETTING MARRIED erzählt wie im Nebenher von Seelenzuständen, von psychologischen Beschaffenheiten, von Beziehungskonstellationen, die unmittelbare Auswirkungen auf Identitätsentwicklungen haben, deren Ergebnis wir nun hier präsentiert bekommen. Dieses Hochzeitsbankett ist zugleich eine Ode an die Lebenslust als auch ein tieftrauriger Blick auf menschliches Miteinander.
Labels:
Anne Hathaway,
Dogma 95,
Jonathan Demme,
Rosemarie DeWitt
Montag, 2. Februar 2009
Spartan/Wild Child/The Jacket
David Mamet bemüht sich immer wieder um ziemlich eigenwillige Stoffe, so dass sich zumindest in Genre- oder Storyebenen kaum eine Handschrift erkennen lassen kann. Der Politthriller Spartan beispielsweise könnte auch von einer Hohlbratze gedreht worden sein, so denkt man streckenweise angesichts der beinahe lächerlichen Drehbuchkonstruktionen und Plotwendungen, die uns der Film verkaufen will. Und trotzdem entsteht ein Sog - zugegebenermaßen auch stark gefördert durch die grandiose Musik von Mark Isham. Diese existenzialistische Figurenferne, die uns das Werk aufträgt wird zum seltsamen Moment, der einen Film unerklärlich gut macht.
Ebenso ein in der Theorie dämlich konstruiertes Stück Film ist The Jacket von John Maybury. Allerdings ist diese sich für besonders klug haltende Mystery-Melange ein außerordentliches Ärgernis. Vollkommen over the top wichst sich der Film einen auf seine ach so schlaue Narrativik und übersieht neben seinen Figuren (unglaublich: Adrien Brody und Keira Knightley gaben sich her für den Humbug) auch die desolate Inszenierung. Handwerklich ein Desaster, und da es bei diesem Science-Fiction-Verschnitt nach dem scriptschen Plotchaos letzten Endes nur noch darauf ankommt, fällt The Jacket in allen Belangen komplett durch. Die hinten angeklebte Moral-von-der-Gschicht setzt dem Machwerk dann die Krone auf.
Normalerweise meide ich ja Teen-Komödien, den massiven Kassenerfolg Wild Child aus den USA hielt ich dieses Mal aber tapfer durch. Erstaunlich, was solch eine an die peer group gerichtete Pupertätsgranate so alles propagiert. Neben den auch in Alt-Herren-Filmen gerne gesehenen Themen wie Loyalität und Aufhebung des Klassendenkens (Denkfehler hier schon: Solches gibt es im Internat doch schon automatisch) reden wir hier von Emanzipation und Ablösung. Das dann aber nur, um am Ende in das Steinzeitdenken einer Cheerleader-Choreografie zurück zu fallen, um - tata - den Jungen des Vertrauens zu bekommen. Na, wenn das nicht mal fortschrittliches Denken ist!
Ebenso ein in der Theorie dämlich konstruiertes Stück Film ist The Jacket von John Maybury. Allerdings ist diese sich für besonders klug haltende Mystery-Melange ein außerordentliches Ärgernis. Vollkommen over the top wichst sich der Film einen auf seine ach so schlaue Narrativik und übersieht neben seinen Figuren (unglaublich: Adrien Brody und Keira Knightley gaben sich her für den Humbug) auch die desolate Inszenierung. Handwerklich ein Desaster, und da es bei diesem Science-Fiction-Verschnitt nach dem scriptschen Plotchaos letzten Endes nur noch darauf ankommt, fällt The Jacket in allen Belangen komplett durch. Die hinten angeklebte Moral-von-der-Gschicht setzt dem Machwerk dann die Krone auf.
Normalerweise meide ich ja Teen-Komödien, den massiven Kassenerfolg Wild Child aus den USA hielt ich dieses Mal aber tapfer durch. Erstaunlich, was solch eine an die peer group gerichtete Pupertätsgranate so alles propagiert. Neben den auch in Alt-Herren-Filmen gerne gesehenen Themen wie Loyalität und Aufhebung des Klassendenkens (Denkfehler hier schon: Solches gibt es im Internat doch schon automatisch) reden wir hier von Emanzipation und Ablösung. Das dann aber nur, um am Ende in das Steinzeitdenken einer Cheerleader-Choreografie zurück zu fallen, um - tata - den Jungen des Vertrauens zu bekommen. Na, wenn das nicht mal fortschrittliches Denken ist!
Labels:
Adrien Brody,
David Mamet,
Keira Knightley,
Mark Isham,
Teen-Komödien,
Val Kilmer
Sonntag, 1. Februar 2009
Faster, Pussycat! Kill! Kill!
Russ Meyer, USA 1965
Es kommt nicht bei allzu vielen Regisseuren vor, dass sie ein Werk vorlegen, bei dem sich grob die wesentlichen Spezifika ihres Schaffens direkt in der Storyline eingelagert finden lassen. Russ Meyer - dessen Filmografie immerhin 26 Spielfilme umfasst - schaffte dieses Kunststück 1965 mit seinem heute als Standard-Meyer fungierenden FASTER, PUSSYCAT! KILL! KILL!
3 Stripperinnen begeben sich - angwidert vom männlichen Objekt-Begehren - auf eine kleine Spritztour. Jede von ihnen besitzt ihre eigene Sport-Karosserie, ihr Territorium wird den ganzen Film hindurch die Wüste sein. Nachdem sie einen naiven Jungspund das Genick gebrochen haben und dessen Freundin kidnappen, geraten sie auf eine Farm, auf der sich von nun an die Männer des Hauses - ein alter, dominanter Krüppel, ein strunzdummes Muskelpaket und sein halbwegs vernünftiger Bruder - und die grobschlächtigen Damen in Lauerstellung gegenüber stehen.
Meyers "Ode an die Gewalttätigkeit der Frau" kommt weitaus roher, sexuell subtiler und motivisch brachialer daher als seine anderen Werke aus der Schaffensperiode. Nie hat man so wenig Haut gesehen wie in diesem Meyer, und gleichzeitig war man diesem Voyeurismus auch nie so abgeneigt wie hier. Tura Santana als frühe Amy Winehouse, nur fülliger, zielstrebiger, kontrollierter - Haji als begehrende Osteuropäerin monströsen Schlages - Lori Williams als einzige "female lead", die dann auch das sexuelle Begehren erwachen lässt. Die drei Damen haben die gesamte Potenz für sich gepachtet, ihre Hybridfunktion zwischen Östrogen und konnotierter Männlichkeit (Autos, Posen, Jeans) macht sie unberechenbar und gefährlich.
Ihnen gegenüber gestellt ist einerseits die süße Susan Bernard, deren Rolle sich aufs minderjährige Dummchen beschränkt. Die Raubkatzenfütterung, die man stets erwartet, bleibt zwar aus, die lesbischen Konnotationen allerdings liegen in der Luft. Zum Anderen stehen ihnen die drei Herren der Zunft im Weg. Der verbitterte Rollstuhl-Opa, der nebenbei angeblich auch einiges an Knete im Rücken hat, trauert zum einen seiner bei der Geburt der Dumpfbacke von Sohn verstorbenen Ehefrau hinterher, zudem auch um seine Beine, die er verlor, als er einem jungen Mädchen auf der Flucht zu Hilfe eilte. Sein muskelbepackter, aber hohlschädeliger Sohnemann hingegen dient ihm als Prothese, die symbiotische Hassliebe in dieser dysfunktionalen Vater-Sohn-Beziehung wird dem fiesen Zischen der weiblichen Schlangen entgegen gesetzt.
FASTER, PUSSYCAT! KILL! KILL! ist neben dem höchst ungewöhnlichen, kaum einzuordnenden Storyschema auch ein kleiner Genremix. Als weibliches Road-Movie beginnt der Film, bleibt dann aber auf der Farm stecken. Hier startet dann eine Art Post-Western, in welchem in einem eindrucksvollen Bild vier weibliche Beine der Vater-Sohn-Prothese gegenüber stehen. Mit der Seitengeschichte des gekidnappten Mädchens finden sich gar frühe Anklänge eines Backwood-(besser: Wüsten-)Horrors, in welchem die Hinterwälder und Amazonen das arme Mädchen, welches ausbüchst wieder einfangen müssen.
Am Ende muss sich alles zwischen zwei Beziehungskonstellationen entscheiden. Bekommt die Anführerin Tura Santana den einzig vernünftigen Mann in diesem Film, besser gesagt: Kann sie sich ihn schnappen? Der Film gibt ein klares "Nein!" als Antwort, die drei Damen müssen allesamt sterben (Santana gar im Vampirmotiv, mit Blut an den Mundwinkeln), während der Mann mit dem Blondinchen von dannen zieht. Wir denken an Meyer, den Fetischisten und Voyeur und man wagt nicht einzuschätzen, ob dies ein Abgesang auf eine feministische Utopie sein soll, und wenn ja: Ist das ein Happy End?
Es kommt nicht bei allzu vielen Regisseuren vor, dass sie ein Werk vorlegen, bei dem sich grob die wesentlichen Spezifika ihres Schaffens direkt in der Storyline eingelagert finden lassen. Russ Meyer - dessen Filmografie immerhin 26 Spielfilme umfasst - schaffte dieses Kunststück 1965 mit seinem heute als Standard-Meyer fungierenden FASTER, PUSSYCAT! KILL! KILL!
3 Stripperinnen begeben sich - angwidert vom männlichen Objekt-Begehren - auf eine kleine Spritztour. Jede von ihnen besitzt ihre eigene Sport-Karosserie, ihr Territorium wird den ganzen Film hindurch die Wüste sein. Nachdem sie einen naiven Jungspund das Genick gebrochen haben und dessen Freundin kidnappen, geraten sie auf eine Farm, auf der sich von nun an die Männer des Hauses - ein alter, dominanter Krüppel, ein strunzdummes Muskelpaket und sein halbwegs vernünftiger Bruder - und die grobschlächtigen Damen in Lauerstellung gegenüber stehen.
Meyers "Ode an die Gewalttätigkeit der Frau" kommt weitaus roher, sexuell subtiler und motivisch brachialer daher als seine anderen Werke aus der Schaffensperiode. Nie hat man so wenig Haut gesehen wie in diesem Meyer, und gleichzeitig war man diesem Voyeurismus auch nie so abgeneigt wie hier. Tura Santana als frühe Amy Winehouse, nur fülliger, zielstrebiger, kontrollierter - Haji als begehrende Osteuropäerin monströsen Schlages - Lori Williams als einzige "female lead", die dann auch das sexuelle Begehren erwachen lässt. Die drei Damen haben die gesamte Potenz für sich gepachtet, ihre Hybridfunktion zwischen Östrogen und konnotierter Männlichkeit (Autos, Posen, Jeans) macht sie unberechenbar und gefährlich.
Ihnen gegenüber gestellt ist einerseits die süße Susan Bernard, deren Rolle sich aufs minderjährige Dummchen beschränkt. Die Raubkatzenfütterung, die man stets erwartet, bleibt zwar aus, die lesbischen Konnotationen allerdings liegen in der Luft. Zum Anderen stehen ihnen die drei Herren der Zunft im Weg. Der verbitterte Rollstuhl-Opa, der nebenbei angeblich auch einiges an Knete im Rücken hat, trauert zum einen seiner bei der Geburt der Dumpfbacke von Sohn verstorbenen Ehefrau hinterher, zudem auch um seine Beine, die er verlor, als er einem jungen Mädchen auf der Flucht zu Hilfe eilte. Sein muskelbepackter, aber hohlschädeliger Sohnemann hingegen dient ihm als Prothese, die symbiotische Hassliebe in dieser dysfunktionalen Vater-Sohn-Beziehung wird dem fiesen Zischen der weiblichen Schlangen entgegen gesetzt.
FASTER, PUSSYCAT! KILL! KILL! ist neben dem höchst ungewöhnlichen, kaum einzuordnenden Storyschema auch ein kleiner Genremix. Als weibliches Road-Movie beginnt der Film, bleibt dann aber auf der Farm stecken. Hier startet dann eine Art Post-Western, in welchem in einem eindrucksvollen Bild vier weibliche Beine der Vater-Sohn-Prothese gegenüber stehen. Mit der Seitengeschichte des gekidnappten Mädchens finden sich gar frühe Anklänge eines Backwood-(besser: Wüsten-)Horrors, in welchem die Hinterwälder und Amazonen das arme Mädchen, welches ausbüchst wieder einfangen müssen.
Am Ende muss sich alles zwischen zwei Beziehungskonstellationen entscheiden. Bekommt die Anführerin Tura Santana den einzig vernünftigen Mann in diesem Film, besser gesagt: Kann sie sich ihn schnappen? Der Film gibt ein klares "Nein!" als Antwort, die drei Damen müssen allesamt sterben (Santana gar im Vampirmotiv, mit Blut an den Mundwinkeln), während der Mann mit dem Blondinchen von dannen zieht. Wir denken an Meyer, den Fetischisten und Voyeur und man wagt nicht einzuschätzen, ob dies ein Abgesang auf eine feministische Utopie sein soll, und wenn ja: Ist das ein Happy End?
Abonnieren
Posts (Atom)