Geradezu wundervoll verloren ergibt sich das Hip Hop Urgestein Wild Style! in seine Welt der Subkultur des New Yorker Ghettos Anfang der 80er Jahre. Immer wieder verharrt er an seinen Schauplätzen und lässt die einzelnen Disziplinen der Kultur für sich sprechen. Das wirkt dann auch nicht zuletzt aufgrund der realen Figuren auf dem Bildfeld außerordentlich authentisch. Die Geschichte an sich ist nicht sonderlich prägnant, die Schauspieler sind Laien, beherrscht wird alles eindeutig von der sich stets im Vordergrund befindenden Subkultur, dem eindringlichen Score, den gebombten Zügen, die vorbeirauschen, den wuselnden Menschenmassen, den Rhymes, dem Flair. Wild Style! versteht es seine Euphorie über die frische, lebendige, freigeistige Jugendkultur nach außen zu transportieren.
Im Dokumentarklassiker und Ausnahmefilm Grey Gardens beobachten 5 Filmemacher im Sommer 1975 die Tante und Cousine von Jackie Kennedy. Das Bemerkenswerte an den "Objekten der Kamerabegierde" sind ihre reflexartigen Bewegungen in den hysterischen Gedankengebäuden in denen sie leben. Sie bewohnen diese scheinbar gar, denn ihre Behausung sieht aus wie der neurotische Schrottplatz ihres Verhaltens. Zwischen Schimmel und Messibergen werden die Ladies zu hollywoodstar-aliken Protagonistinnen, die wie im Musical singen und tanzen und ihre Rollen perfekt einstudiert haben. Ein seltsames Beziehungsgeflecht geht der Zuschauer vor allem mit der Cousine Kennedys ein, zwischen staunendem Voyeurismus unsererseits und einer in der eigenen Welt gefangenen Selbstdarstellung ihrerseits entwickelt sich eine ungeahnte Dynamik. Es ist beinahe anstrengend ihrer Liebe zur Kamera (oder auch: Filmemachern? Oder eben: Zuschauern?) zum "Opfer" zufallen. Dieses abstrakte Haus, in dem gefilmt wurde, wird am Ende ein Schauort eines grotesken, fast gefühlt fiktionalen Ereignisses. Bleibt allein die Frage: Wieviel Anteil haben noch die Filmemacher an diesem Werk, dass allein durch die sich selbst als Subjekt wahrnehmenden Objekte lebt?
Dank der schaurig-schönen In- wie Exterieur, dank der vielfältig umsäumenden Musik und dank der Atmosphäre der expressiven Abgeschiedenheit lässt sich Roman Polanskis Tanz der Vampire auch heute noch genießen, selbst wenn einen der eine oder andere Witz eher unbehelligt lassen. Fragte mich aber, ob man den Film heutzutage bei den Konstellationen Polanski - Tate - Vampir noch so realitätsfern sehen kann. Ich musste jedenfalls immer wenn Tates Gesicht die Bildfläche erklomm dieses Gefühl verdauen, was aufkommt, wenn man längst auf unschöne Art und Weise Verblichene in alten Filmen wiederentdeckt. Die Allegorie der von oben herab regierenden Aristokraten (die hier eben Blut saugen, statt die Bürger anders zu ärgern) soll noch erwähnt sein. Ansonsten: Kino für die leichte Unterhaltung am Abend.
Sonntag, 29. März 2009
Donnerstag, 19. März 2009
Fantasy Film Fest Nights 2009
Lond Weekend - 1978 - ein Ozploitationer von Colin Egglestone. Und ein Film mit dem Blick fürs Detail. Der nicht greifbaren Umwelt geschuldet, vielleicht. Ein Monster gibt es nicht (Die Seekuh? Nee, nicht wirklich), stattdessen Geräusche, Kleingetier, ein schwarzer Schatten im Meer, ein hängender Taucheranzug, ein Pfeil, eine Kippe, eine Flasche, einen Cowboy der wild um sich schießt, einen fortwährenden Ehekrach. Alles schön beobachtet, aber nicht gruselig und keine Filmidee, die 90 Minuten durchhält. Was nicht schlimm ist, nur ein bisschen schade, denn grundsätzlich ist der Grundgedanke toll und findet hier und da auch eine nette Umsetzung (die Musik, einzelne Ideen und Effekte). Hätte man also nur besser machen müssen, vielleicht, wenn es denn daran haperte. Dass dem eventuell nicht so ist, würde dann vielleicht Jamie Blanks Remake von Long Weekend aus diesem Jahr beweisen. Denn dem Film mangelt es beinahe, wenn nicht gar ausnahmslos an denselben Kleinigkeiten. Wieder wirkt alles so seltsam unrund, inkohärent, in die Länge gezogen. Wieder möchte man den Film doch mögen, doch wieder gelingt es nur auf nicht-affektiver Ebene. Wieder sagt man "Schade!" und jetzt kann man nicht mal mehr hoffen, dass es dann vielleicht ein anderes Mal besser gemacht wird.
Meinen zweiten Beitrag der diesjährigen Fantasy Filmfest Nights war mit [font="Arial Black"]Splinter[/font] - und nun halten sie sich fest, meine Damen und Herren - beinahe Gleiches vorzuwerfen (machen wir nicht, sowas) wie dem Aussi: Trotz perfektem Kammerspielambiente (Tankstelle) kommt irgendwie kein rechtes Licht in die Sache. Und das kann man getrost so sagen, denn leider merkt man dem "Film mit einer schönen Idee" (schon wieder Selbstzitat) an, dass er nicht allzu viel Geld übrig hatte. Gerade die bösen Szenen sind doch ziemlich hingehunzt bzw. so im Dunklen verborgen oder herangezoomt, dass man ihnen nichts mehr abgewinnen kann. Bleibt schon wieder nichts weiter übrig, als dieses blöde "Schade!"
Meinen zweiten Beitrag der diesjährigen Fantasy Filmfest Nights war mit [font="Arial Black"]Splinter[/font] - und nun halten sie sich fest, meine Damen und Herren - beinahe Gleiches vorzuwerfen (machen wir nicht, sowas) wie dem Aussi: Trotz perfektem Kammerspielambiente (Tankstelle) kommt irgendwie kein rechtes Licht in die Sache. Und das kann man getrost so sagen, denn leider merkt man dem "Film mit einer schönen Idee" (schon wieder Selbstzitat) an, dass er nicht allzu viel Geld übrig hatte. Gerade die bösen Szenen sind doch ziemlich hingehunzt bzw. so im Dunklen verborgen oder herangezoomt, dass man ihnen nichts mehr abgewinnen kann. Bleibt schon wieder nichts weiter übrig, als dieses blöde "Schade!"
Sonntag, 8. März 2009
Fantasy Film Fest 2008 # 7
2 x Frankreich: Crossfire ist ein solider französischer Copthriller, der mit einer feinen Assault on Precinct 13 Hommage - einem schön anzuschauenden Shootout - endet. Der französische Silence of the Lambs heißt Melody's Smile und kommt einige Jahre verspätet könnte man meinen. Auch bei diesem Profiler-Thriller solides Handwerk an vorderster Front. Besitzt ein gut getimetes Ende, wenngleich sich stets zu augenscheinlich fleißig von den Vorbildern bedient wurde.
Ein Film wie der griechische (dort gibt es eine Filmindustrie?) Tale 52 hat es bei so einem Festival schwer. Der Body Cinema Psychotrip ist schwere Arthousekost mit Sorgenfalten auf der Stirn, und nicht so wirklich massenkompatibel. Arthouse wollte irgendwie auch das seltsame Remake von Sasori sein - Als hätte eine Wong Kar Wai Epigone einen B-Movie im vollkommen neuen Gewand nachgedreht.
Was vom Sommer übrig blieb? Summer Scars - der britische Low-Budget-Jugend-Krimi. In der Ästhetik eines Filmhochschulabschlussfilms. Seltsam. Ideenlos. Downloading Nancy in bewährter Sundance-Optik mit provokantem Thema, dass alles in allem aber solide und unaufgeregt umgesetzt wird. Kein Grund zum Feiern, keiner zum Ausrasten.
+++
Ein Film wie der griechische (dort gibt es eine Filmindustrie?) Tale 52 hat es bei so einem Festival schwer. Der Body Cinema Psychotrip ist schwere Arthousekost mit Sorgenfalten auf der Stirn, und nicht so wirklich massenkompatibel. Arthouse wollte irgendwie auch das seltsame Remake von Sasori sein - Als hätte eine Wong Kar Wai Epigone einen B-Movie im vollkommen neuen Gewand nachgedreht.
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Was vom Sommer übrig blieb? Summer Scars - der britische Low-Budget-Jugend-Krimi. In der Ästhetik eines Filmhochschulabschlussfilms. Seltsam. Ideenlos. Downloading Nancy in bewährter Sundance-Optik mit provokantem Thema, dass alles in allem aber solide und unaufgeregt umgesetzt wird. Kein Grund zum Feiern, keiner zum Ausrasten.
Montag, 2. März 2009
Fantasy Film Fest 2008 # 6
Wer hat es jetzt nicht in die begehrten, ersten 5 Einträge geschafft?
Zum Einen wäre dort Mirrors zu nennen. Zu dem könnte man jetzt lange Abhandlungen schreiben, wie man als talentierter Regisseur eben keinen solchen Film in Hollywood drehen sollte. Oder man beschwert sich nur kurz darüber, dass Alexandre Ajas Neuster zwar gründlich und überzeugend inszeniert sein mag, sich aber doch nur uralter Motive bedient, ohne dem Geisterhausgenre etwas hinzuzufügen. Hollywoodhorror pur, die Brutalität der Morde wird schnell ausgeglichen durch Sutherlands starkes Familien-Erretter-Motiv. Die Auflösung aus dem übernatürliche Verschwörung vs Schizophreniekonflikt kennt man nun auch schon.
Hier im zusammengekratzten Rest zu erscheinen, bedeutet aber bitte schön nicht automatisch großer Mist gewesen zu sein. Ich kam in das Vergnügen die Manga-Spielerei Afro Samurai gleich zweimal sehen zu dürfen. Der feine Genremix aus asiatischen und afroamerikanischen Motiven zeigt das Leben als steten Kampf, das Spektakel benötigt keine Narration und verliert sich in den vorbei fliegenden Bildern. Da die Chose mit der Zeit ziemlich monoton wird, muss man sich erbauen am - von Wu-Tanger RZA beigesteuerten - Score und der grimmigen Attitüde, die Afro Samurai doch äußerst sympathisch dauerbelebt.
Ole Bornedal zeigt sich nach einigen Jahren auf Tauchgang wieder gleich mit zwei Filmen. The Substitute habe ich noch nicht gesehen, Just Another Love Story auf dem Festival. Der stark überkonstruierte Neo-Noir bewegt sich zunächst technisch noch im Zickzack, wird später dann aber inkohärenter Weise ruhiger. Seine Schauspieler (Nikolaj Lie Kaas) sind ihm übergeordnet wichtig, dass schon (wieder) etwas Hollywoodflavour aufkommt. Er besteht auf den emotionalen Impakt, den seine versponnene Story aber nicht mehr her gibt.
Der koreanische Abschlussfilm The Chaser ist ein opulentes Narrativik-Kaleidoskop, düster, virulent, böse. Ein enthusiastischer Drehkreisel, der hier und da an Schwung verliert in seinem Bestreben traditionelle Plotlinien zu durchbrechen, doch am Ende eindrucksvoll zurückschlägt, indem er - ganz altmodisch - die Tragik am klassischen Schuldmotiv entfaltet.
Zum Einen wäre dort Mirrors zu nennen. Zu dem könnte man jetzt lange Abhandlungen schreiben, wie man als talentierter Regisseur eben keinen solchen Film in Hollywood drehen sollte. Oder man beschwert sich nur kurz darüber, dass Alexandre Ajas Neuster zwar gründlich und überzeugend inszeniert sein mag, sich aber doch nur uralter Motive bedient, ohne dem Geisterhausgenre etwas hinzuzufügen. Hollywoodhorror pur, die Brutalität der Morde wird schnell ausgeglichen durch Sutherlands starkes Familien-Erretter-Motiv. Die Auflösung aus dem übernatürliche Verschwörung vs Schizophreniekonflikt kennt man nun auch schon.
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Hier im zusammengekratzten Rest zu erscheinen, bedeutet aber bitte schön nicht automatisch großer Mist gewesen zu sein. Ich kam in das Vergnügen die Manga-Spielerei Afro Samurai gleich zweimal sehen zu dürfen. Der feine Genremix aus asiatischen und afroamerikanischen Motiven zeigt das Leben als steten Kampf, das Spektakel benötigt keine Narration und verliert sich in den vorbei fliegenden Bildern. Da die Chose mit der Zeit ziemlich monoton wird, muss man sich erbauen am - von Wu-Tanger RZA beigesteuerten - Score und der grimmigen Attitüde, die Afro Samurai doch äußerst sympathisch dauerbelebt.
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Ole Bornedal zeigt sich nach einigen Jahren auf Tauchgang wieder gleich mit zwei Filmen. The Substitute habe ich noch nicht gesehen, Just Another Love Story auf dem Festival. Der stark überkonstruierte Neo-Noir bewegt sich zunächst technisch noch im Zickzack, wird später dann aber inkohärenter Weise ruhiger. Seine Schauspieler (Nikolaj Lie Kaas) sind ihm übergeordnet wichtig, dass schon (wieder) etwas Hollywoodflavour aufkommt. Er besteht auf den emotionalen Impakt, den seine versponnene Story aber nicht mehr her gibt.
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Der koreanische Abschlussfilm The Chaser ist ein opulentes Narrativik-Kaleidoskop, düster, virulent, böse. Ein enthusiastischer Drehkreisel, der hier und da an Schwung verliert in seinem Bestreben traditionelle Plotlinien zu durchbrechen, doch am Ende eindrucksvoll zurückschlägt, indem er - ganz altmodisch - die Tragik am klassischen Schuldmotiv entfaltet.
Sonntag, 1. März 2009
Fantasy Film Fest 2008 # 5
Dieses letztjährige Fantasy Filmfest wäre nicht fertig besprochen ohne Mad Detective erwähnt zu haben. Johnnie To und Wai Ka Fai erzählen die Geschichte eines schizophrenen Cops in subjektiver Perspektive. Das wilde Unterfangen gelingt überraschenderweise, dank der Stilsicherheit mit der die beiden Regisseure das Genre des Hong Kong Cop Thrillers perspektivisch neu formatieren. Der Gestus eines postklassischen Noirs trifft auf eine tragische Komödie, welche sich dank der liebevollen Annäherung der Macher an ihre Figuren entwickeln darf. Trotz des durchweg angenehmen Tons lässt sich der schreiende Pessismismus, den der Film transportiert, nicht unterkriegen. Technisch versiert, audiovisuell brillant und äußerst experimentierfreudig endet der Schelm in einem Oldschool-Spiegel-Shootout, welches den unerwarteten Reißer letztlich angemessen abrundet.
Dieses letztjährige Fantasy Filmfest wäre nicht denkbar ohne den Festival-Radikalo Martyrs. Pascal Laugiers Versuchsanordnung im Folterfilm-ABC heutiger Tage ist echtes Körperkino, ein Brecher, blutig, aber nicht laut; schockierend, aber kein affektheischendes Kino. Er kennt seine Vorbilder der jüngsten Vergangeheit und wendet sich doch von ihnen ab. Ein banales Gut-Böse-Schema wird nicht aufgemacht, an einer reinen Rachegeschichte ist es ihm nicht gelegen. Vielmehr bricht er diese, indem er auf Anti-Karthatische Weise eine Erzählrichtung wählt, die trotz der narrativen Verästelungen der - so scheint es manchmal - etwas desorientierten Geschichte, unangenehm ungebrochen auf den Zuschauer losgelassen wird. Martyrs erzählt zunächst von Traumata und Schizophrenie, schaut im Mittelteil in den "Keller" der mittelständischen, glücklichen Familie und beendet sein Szenario mit einem kaum noch reflektierbaren, stoischen Spiel des "torture porn", dessen Begrifflichkeit sich hier so beileibe nicht mehr anwenden lässt. Ob das nun sehr abgefeimt oder zynisch ist, mag ich gar nicht beurteilen. Ein Film, der einen in der Ratlosigkeit zurück Gebliebenen zur Zweitsichtung auffordert.
Das letztjährige Fantasy Film Fest bekam einen hübschen Schub auch durch einen kleinen, bösen Briten: Donkey Punch von Oliver Blackburn beginnt als stylischer Trip in jugendlichen Hedonismus. Drei schicksenhafte Mädels und drei schnöselige Machos machen einen Trip auf einer Yacht vor der Küste Mallorcas. Drogen, Sex und Musik machen dem vergnügungssüchtigen Publikum Spass, so lange bis die unangenehme Realität einbricht. Der Film wendet sich vom Videoclip zum hysterischen Szenario, in dem es heißt: Hier denkt jeder nur an seine eigene Haut, das Tier Mensch wird zum unberechenbarsten Gegner, alles endet in Mord- und Totschlag wie es schon die Bibel predigt. Auch wenn der Film nach seinem geschickt bedienten Affirmations-/Kritikdualismus am Ende in purer Metzelei untergeht, macht er in seiner Kammerspiel-Dystopie doch Sinn und hat tatsächlich mehr zu erzählen als der durchschnittliche Genrevertreter.
Das letztjährige Fantasy Film Fest wäre nicht, was es war, gäbe es da nicht diesen Geheimtipp, den sich irgendwie niemand angesehen hat. Noch so ein kleiner Brite, und noch so ein Kammerspiel, dass einen gesamtgesellschaftlichen Moment erfasst. Sehr reduziert und fokussiert auf sein Anliegen erzählt Senseless die Geschichte eines Mannes, der von maskierten Kidnappern in einem weißen, leeren Raum gefangen gehalten wird, und tagtäglich Gliedmaßen verliert, muss mit seinem Körper buchstäblich für die Weltpolitik seines Landes, der USA herhalten. Dem exploitativen Gestus Politik mit Horror, Folter und Ekel zu verbinden, liegt weitaus mehr inne als man es vom Papier her annehmen könnte. Simon Hynd geht es um ideologische Grabenkämpfe und gefühlskalten Antihumanismus, der sich in der Verteidigung vermeintlich richtiger Werte Bahn brechen kann. Im Grunde genommen handelt es sich bei Senseless um eine Skizze eines modernen Terrorismus, funktional eingebettet in einen schockierenden Erzählartefakt.
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Dieses letztjährige Fantasy Filmfest wäre nicht denkbar ohne den Festival-Radikalo Martyrs. Pascal Laugiers Versuchsanordnung im Folterfilm-ABC heutiger Tage ist echtes Körperkino, ein Brecher, blutig, aber nicht laut; schockierend, aber kein affektheischendes Kino. Er kennt seine Vorbilder der jüngsten Vergangeheit und wendet sich doch von ihnen ab. Ein banales Gut-Böse-Schema wird nicht aufgemacht, an einer reinen Rachegeschichte ist es ihm nicht gelegen. Vielmehr bricht er diese, indem er auf Anti-Karthatische Weise eine Erzählrichtung wählt, die trotz der narrativen Verästelungen der - so scheint es manchmal - etwas desorientierten Geschichte, unangenehm ungebrochen auf den Zuschauer losgelassen wird. Martyrs erzählt zunächst von Traumata und Schizophrenie, schaut im Mittelteil in den "Keller" der mittelständischen, glücklichen Familie und beendet sein Szenario mit einem kaum noch reflektierbaren, stoischen Spiel des "torture porn", dessen Begrifflichkeit sich hier so beileibe nicht mehr anwenden lässt. Ob das nun sehr abgefeimt oder zynisch ist, mag ich gar nicht beurteilen. Ein Film, der einen in der Ratlosigkeit zurück Gebliebenen zur Zweitsichtung auffordert.
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Das letztjährige Fantasy Film Fest bekam einen hübschen Schub auch durch einen kleinen, bösen Briten: Donkey Punch von Oliver Blackburn beginnt als stylischer Trip in jugendlichen Hedonismus. Drei schicksenhafte Mädels und drei schnöselige Machos machen einen Trip auf einer Yacht vor der Küste Mallorcas. Drogen, Sex und Musik machen dem vergnügungssüchtigen Publikum Spass, so lange bis die unangenehme Realität einbricht. Der Film wendet sich vom Videoclip zum hysterischen Szenario, in dem es heißt: Hier denkt jeder nur an seine eigene Haut, das Tier Mensch wird zum unberechenbarsten Gegner, alles endet in Mord- und Totschlag wie es schon die Bibel predigt. Auch wenn der Film nach seinem geschickt bedienten Affirmations-/Kritikdualismus am Ende in purer Metzelei untergeht, macht er in seiner Kammerspiel-Dystopie doch Sinn und hat tatsächlich mehr zu erzählen als der durchschnittliche Genrevertreter.
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Das letztjährige Fantasy Film Fest wäre nicht, was es war, gäbe es da nicht diesen Geheimtipp, den sich irgendwie niemand angesehen hat. Noch so ein kleiner Brite, und noch so ein Kammerspiel, dass einen gesamtgesellschaftlichen Moment erfasst. Sehr reduziert und fokussiert auf sein Anliegen erzählt Senseless die Geschichte eines Mannes, der von maskierten Kidnappern in einem weißen, leeren Raum gefangen gehalten wird, und tagtäglich Gliedmaßen verliert, muss mit seinem Körper buchstäblich für die Weltpolitik seines Landes, der USA herhalten. Dem exploitativen Gestus Politik mit Horror, Folter und Ekel zu verbinden, liegt weitaus mehr inne als man es vom Papier her annehmen könnte. Simon Hynd geht es um ideologische Grabenkämpfe und gefühlskalten Antihumanismus, der sich in der Verteidigung vermeintlich richtiger Werte Bahn brechen kann. Im Grunde genommen handelt es sich bei Senseless um eine Skizze eines modernen Terrorismus, funktional eingebettet in einen schockierenden Erzählartefakt.
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