
Was der alte Sozialknuffbär Ken Loach hier auftischt, ist mehr als happig, es ist ein verdammt guter Film. Loach lernt noch im Alter mit jedem Film dazu möchte man meinen. Waren seine früheren Arbeiten häufig sperriges Politkino, das nicht selten Thesenformulierung anstatt Figurenentwicklung im Sinn hatte, änderte sich dieses die letzten Jahre vermehrt. In It's a Free World findet der Prozess nun seinen vorläufigen Höhepunkt. Loach kreuzt seinen sozialen Impetus mit einem Happy-Go-Lucky Charme und führt seinen Zuschauer auf die Eisbahn. Angie ist ein fesches Blondinchen, dass nicht nur attraktiv, sondern auch bodenständig und abgehärtet ist, eine Macherin, lebenslustig, sympathisch, liebenswürdig. Angie gerät aber in die soziale Wirklichkeit. Und die hat es in sich. Die ersten Risse werden deutlich als man bemerkt, was für eine lausige Mutter sie für ihren Sohn ist. Die alltäglichen Situationen in die sie gerät, sind auf den ersten Blick normal, auf den zweiten offenbart sich aber eine knallharte Realität. Was machen mit den illegalen Asylanten? Wieviel Arschkriechen ist erlaubt beim Unternehmer, der für seine Firma billige Ausländer will, die ihr Maul halten? Wie die eigene Firma auf die Beine stellen angesichts der Widrigkeiten? Woher dann auf einmal das Geld nehmen, das den Vermittelten zusteht?
Die ganz normalen Konflikte der Arbeitswelt verdichten sich zum physisch schmerzenden menschlichen Drama. Man spürt die soziale Kälte durch die Leinwand nur zu gut, und das trotz unserer doch zu freudeversprühenden Protagonistin. Auch ein filmisch intensivierter Charakter muss mit den sozialen Umständen klar kommen. Dass dies nicht immer so rosig aussieht wie im durchschnittlichen Kino, davon erzählt It's a Free World. Von einer ehrlichen, erschütternderen Welt. Von einer Alltäglichen.
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